Wien - Der Föhn ist schon da, als sich lang vor der Startzeit des Marathons um neun Uhr der Platz vor der UNO City mit nervösen Läufern zu füllen beginnt. Die TV-Motorräder, die TV-Helikopter wärmen sich auf, der Puls der Teilnehmer steigt, die Läufer begeben sich in ihre Startfelder, die Elite, die zweite Elite und so fort bis zur Masse.

Der Event ist ein klassisches Beispiel der viel zitierten "Umwegrentabilität", die ja auch als Existenzgrundlage des Formel-1-GP in Spielberg herhielt. Ein Lauftag in Wien kostet rund 1,7 Millionen Euro an Herstellung, bringt 87 Millionen Euro an Einnahmen, vom Verkauf der bunten Leiberln bis zu den zusätzlichen Hotelbuchungen.

Die zweite Schiene der Umwegrentabilität läuft übers Fernsehen, Promis und Politiker erwirtschaften dort ein modernes, gesundes, flottes Zusatzimage. Arbeitsminister Martin Bartenstein schnitt heuer in diesem Bereich mager ab, offenbar hinderte ihn der an diversen runden Tischen eingefangene Schlafmangel an der Fertigstellung der geraden Laufstrecke. Sportstaatssekretär Karl Schweitzer (3:42:16) hängte SPÖ-Klubchef Josef Cap (4:07:59) deutlich ab. Alois Stadlober (2:37:53), Österreichs Ausdauerdenkmal, gewann die Familienwertung gegen seine Frau Roswitha Steiner-Stadlober (3:02:24) locker. ÖVP-Generalsekretär Werner Lopatka kam nicht, oder er wurde vom Ergebniscomputer übersehen.

Die größte Breitensportveranstaltung des Landes bringt 25.000 Teilnehmer an sechs verschiedenen Läufen und (geschätzt) eine Viertelmillion Kiebitze zusammen, wirbt für die Laufideologie und die Sportartikelindustrie, welche sich als kleiner Wirtschaftsimpuls auch in den Medien bemerkbar macht. (josko, DER STANDARD, Printausgabe, 25.05.2003)