Wien - Neun Monate nach dem Verkauf des Postbusses an die ÖBB formiert sich gegen die entstehende größte und noch dazu staatliche Linienbusgesellschaft Österreichs Widerstand. Hauptbetroffen sind von der "Österreichischen Buslösung", wie der per Ministerratsbeschluss verordnete, 2300 Busse umfassende "Bahnpostbus" im Arbeitstitel heißt, naturgemäß die für den öffentlichen Nahverkehr zuständigen regionalen Verkehrsverbünde.

"Riese kann Preise diktieren"

"Es darf zu keiner Fusion kommen, denn der Riese kann die Preise diktieren", bringt es Jörg Angerer, Leiter der Abteilung Gesamtverkehrsplanung der Tiroler Landesregierung und Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Tirol, auf den Punkt. Als Vorstand der Interessengemeinschaft österreichischer Verkehrsverbünde (IGV) begründet er seine Ablehnung damit, dass mit dem Zusammenschluss von Bahn-und Postbus ein übermächtiges Monopol geschaffen werde, das - je nach Region - über einen Marktanteil von siebzig bis neunzig Prozent verfüge.

Hinzu komme, dass die ÖBB in den Tarifverhandlungen mit den Verkehrsverbünden über Schüler- und Pendlerlinien nicht bereit sei, für Transparenz zu sorgen. "Die Bahn fordert ständig höhere Beiträge zur Kostendeckung von uns, legt selbst aber ihre Kosten nicht offen", kritisiert Angerer. Beim Postbus, der wie berichtet auf Sanierungskurs fährt und 2004 ein ausgeglichenes Ergebnis einfahren will, sei dies bereits anders. Selbst die privaten Busunternehmen seien bereit, ihre Kostenrechnung offen zu legen.

Knackpunkt Nahverkehrsgesetz

Die sechs anderen Verbundmanager argumentieren ähnlich, vor den Vorhang wagt sich jedoch nur Angerer. "Hoffentlich genehmigt das Kartellgericht den Kauf des Postbusses durch die Bahn nicht", sagt ein anderer Verbundmanager. Auch die von der Regierung angeordnete Öffnung des Bahnpostbusses für eine 30-prozentige Beteiligung privater Busfirmen würde am Monopol nichts ändern.

Kopfzerbrechen macht auch das Nahverkehrsgesetz, das bis 2005 die Umstellung von Pauschalverträgen auf leistungsbezogene Verkehrsdienstverträge vorsieht. Dies sei mit einem Bundesbus unter ÖBB-Dach nicht realisierbar, denn dazu müssten eigen- und gemeinwirtschaftliche Leistungen getrennt ausgewiesen werden.

Gefahr der Quersubventionierung

Derzeit sei der Anteil eigenwirtschaftlicher Kraftfahrlinienleistungen aber gleich null beim Bahnpostbus: Netzwerkeffekte, hohe Fixkosten eines gemeinsamen Betriebssystems und Großbetriebsvorteile würden die Gefahr der Quersubventionierung in sich bergen. Selbst bei sehr gut ausgelasteten Linien liege derzeit keine Eigenwirtschaftlichkeit vor. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD Print-Ausgabe, 26.5.2003)