Bild nicht mehr verfügbar.

Fidel Castro, der am Samstag 85 Jahre alt wird (Bild vom August 2010), prägte das Leben ganzer Generationen auf Kuba.

Foto: AP

Stets geliebt oder gehasst, aber nie ignoriert, hat der ehemalige Jesuitenschüler seit 1959 das Sagen auf Kuba - auch wenn nun sein Bruder Raúl formell der Präsident ist.

*****

Havanna - Wenn es so etwas wie einen Weltmeister der politischen Stehaufmännchen gäbe, stünde Fidel Castro sicherlich am Siegespodest. Am Samstag wird der ewige Revolutionär 85 Jahre alt. Über 600 Attentatsversuche hat er überlebt, zudem Invasionen und den Zusammenbruch der Sowjetunion überstanden, elf US-Präsidenten die Stirn geboten und zuletzt eine schwere Darm-Divertikulitis überwunden. Seit 2007 ist er nicht mehr formell Staatschef, aber er wacht noch immer über Kubas Geschicke und meldet sich ab und zu zu Wort.

Offiziell führt heute sein um fünf Jahre jüngerer Bruder Raúl die Amtsgeschäfte, doch Fidel lässt es sich nicht nehmen, Staatsgäste nach wie vor persönlich zu umsorgen - insbesondere, wenn sie politisch wichtig sind, wie etwa Venezuelas Staatschef Hugo Chávez. Es war Fidel persönlich, der dem 30 Jahre Jüngeren im Juli die Hiobsbotschaft seiner Krebserkrankung überbrachte. Chávez weinte, doch dann machten die beiden zusammen mit Raúl ein Foto für die Geschichtsbücher.

Seit 1959 an der Macht

Eine lebende Legende ist Fidel schon länger. Am Samstag werden ihm zu Ehren Ausstellungen, Konzerte, Festreden, Sportveranstaltungen, Blutspende- und Putzaktionen sowie die erste Homosexuellen-Trauung stattfinden - denn alles, was in Kuba passiert, hat mit Fidel zu tun.

Seit 1959 hat der Comandante das Sagen auf der Karibikinsel; fast drei Viertel der elf Millionen Kubaner haben bis zur Machtübergabe an Raúl keinen anderen Staatschef gekannt. Der in der Provinz Oriente geborene uneheliche Sohn eines aus Spanien eingewanderten Gutsherren galt an der Jesuitenschule als ehrgeizig, intelligent, aber auch jähzornig. In den 1940er-Jahren organisierte der Jusstudent Proteste gegen Diktator Fulgencio Batista. Zweimal scheiterten Castros Umsturzversuche.

Als er schließlich die Macht übernahm, setzte er seine sozialistischen Vorstellungen um. Seither gibt es kostenlose Ausbildung und Gesundheitsfürsorge - davon können andere Latinos nur träumen. Und deshalb erfreut sich der Comandante bei vielen Kubanern noch immer großer Beliebtheit.

Erkauft wurde der soziale Fortschritt allerdings mit politischer Versteinerung: Kritiker und Konkurrenten duldete Castro nie. Andersdenkende sind für ihn stets "Vaterlandsverräter" und landen im Exil oder im Gefängnis.

Auch wirtschaftlich geriet der Sozialismus immer mehr in Schieflage, heute kann die ineffiziente Mangelwirtschaft nicht einmal mehr Castro schönreden. "Das System funktioniert nicht einmal mehr für uns", diktierte er vor einigen Monaten einer Reporterin ins Mikrofon. Obwohl er sich anschließend beeilte, das Zitat als "aus dem Kontext gerissen" zu disqualifizieren, so spricht die Realität doch Bände.

Bruder Raúl versucht nun, mit marktwirtschaftlichen Reformen das Land wieder flottzumachen. "Wirtschaftliche Liberalisierung und politische Repression" - so lautet die Formel, die sich Raúl in China und Vietnam abgeschaut hat.

Im Ausland wurde Fidel immer gehasst oder geliebt, nie aber ignoriert. Die Kameras der Welt übertrugen, wann immer er dem Kapitalismus die Leviten las. Doch der Elan der Anfangsjahre ist verpufft. Öffentliche Auftritte gibt es nur noch selten. Einer der letzten, auf der Treppe der legendären Universität von Havanna, wirkte eher pathetisch: ein müder, unverständlich brabbelnder alter Mann, gelangweilte Studenten, die gähnten, sich unterhielten oder SMS-Nachrichten verschickten.

Dennoch genießt Fidel derzeit so etwas wie einen zweiten Frühling. Mit Venezuelas Machthaber Chávez wuchs ihm ein Ziehsohn heran, der nicht nur Kubas chronisches Energiedefizit mit billigem Erdöl ausglich, sondern der es sich auch zur Aufgabe macht, die Fackel der sozialistischen Revolution weiter hochzuhalten.

Fidel privat

Das Privatleben Fidels wurde stets unter Verschluss gehalten. Er soll zahlreiche Häuser und Ländereien besitzen. Unterwegs war und ist er immer mit einer Karawane dreier völlig identischer, schwarzer Mercedes-Limousinen. Fidel liebt Meeresfrüchte, gute Weine und schottischen Whisky, hat sein Freund, der kolumbianische Nobelpreisträger Gabriel García Márquez einmal berichtet. Und Liebschaften werden ihm viele nachgesagt, Kinder zu Dutzenden. Verheiratet war er offiziell nur einmal - mit seiner Studienfreundin Mirta Díaz Balart. Als seine große Liebe galt aber Celia Sánchez. Sie kämpfte an seiner Seite und war eine der wenigen Personen, die es wagten konnten, ihm zu widersprechen. Ihr Krebstod im Jahr 1980 war für Castro eine Tragödie. Seit 30 Jahren ist Delia Soto die Frau an seiner Seite, sie haben fünf Söhne. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2011)