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Sondereinheiten der walisischen Polizei verstärken die Exekutive in Eltham im Süden von London

Foto: dapd/Matt Dunham

London - Als Folge der Krawalle in englischen Städten gehen Regierung und Polizei jetzt auf Konfrontationskurs. Scotland Yard habe die Situation am vergangenen Wochenende "falsch eingeschätzt", kritisierte der konservative Premierminister David Cameron im britischen Unterhaus. "Es gab zu wenige Beamte auf den Straßen, und ihre Taktik funktionierte nicht." Cameron legte den Ordnungshütern für die Zukunft den Einsatz von Wasserwerfern und Gummigeschoßen nahe und sprach von Überlegungen, die Armee herbeizuziehen - allesamt Ideen, die von hohen Polizeifunktionären abgelehnt werden.

Cameron hatte die zweite Sondersitzung des Parlaments binnen vier Wochen am Dienstag nach seiner Rückkehr aus dem Italien-Urlaub veranlasst. Dutzende von Abgeordneten schilderten Erfahrungen aus ihren Wahlkreisen in London, Nottingham, Manchester und Birmingham. Die meisten forderten deutlich robusteres Vorgehen der Ordnungshüter. Dagegen wandte sich Diane Abbott, deren Londoner Wahlkreis Hackney von den Krawallen schwer betroffen war: "Eine weitere Militarisierung wird uns nicht helfen."

"Gute Schlagzeilen, schlechte Arbeit"

Die Rufe nach Wasserwerfern, Gummigeschoßen und dem Armee-Einsatz wies der Sprecher der englischen Polizeipräsidenten zurück: Sie stellten "gute Schlagzeilen und schlechte Polizeiarbeit" dar, schrieb Hugh Orde im Independent. Für Verärgerung bei der Regierung sorgte auch sein Hinweis auf die geplante Kürzung des Polizei-Etats von "20 Prozent über fünf Jahre". Internen Berechnungen zufolge wird dies einen Stellenabbau von 11,5 Prozent zur Folge haben.

Hingegen sprach Regierungschef Cameron im Parlament von "Kürzungen von sechs Prozent" und beteuerte, die Zahl uniformierter Bobbies könne auf dem bisherigen Niveau bleiben. Dies bezweifeln die Labour-Opposition und Londons konservativer Bürgermeister Boris Johnson.

Den Opfern der Krawalle sagte Cameron unbürokratische Soforthilfe zu. Laut britischem Versicherungsverband dürfte sich der Sachschaden auf mehr als 200 Mio. Pfund (228 Mio. Euro) belaufen.

Mehr als 1400 Festnahmen 

Bis Donnerstagmittag wurden mehr als 1400 Verdächtige wegen Delikten wie Einbruch, Diebstahl und Landfriedensbruch in Polizeigewahrsam genommen, darunter auch elfjährige Kinder. Den rund um die Uhr tagenden Gerichten wurden bereits mehr als 300 Fälle zugeführt, dabei kam es zu ersten Freiheitsstrafen. In U-Haft befindet sich auch der 32-jährige Autofahrer, der am Dienstag in Birmingham drei junge Männer tödlich überfahren hatte. (sbo, DER STANDARD Printausgabe, 12.8.2011)