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Wer hat diese Kuh gesehen?

Foto: dpa/Enzinger

Die Szene ist der Traum eines Filmemachers: Yvonne, die geschundene Kreatur, die stolz den Kopf hebt und die Fesseln ihres Stalllebens abwirft. Gemächlich erst, dann immer schneller läuft sie Richtung Freiheit. Überwindet furchtlos einen Zaun und findet dann ihr Glück in der Waldeinsamkeit. Einzig das Casting von Yvonne könnte Schwierigkeiten bereiten: Sie ist nämlich eine Kuh.

Am 24. Mai flüchtete das Bos primigenius taurus von seiner Weide im bayrischen Ort Zangberg. Und wird seither verzweifelt gesucht. Warum das Vieh wochenlang unfassbar ist, ist ein Mirakel. Denn das Waldstück, in dem sie sich versteckt, ist rund 1,5 Kilometer lang und maximal 700 Meter breit. Und durch die Mitte verläuft eine Straße. Eine Kuh im Heuhaufen sollte kaum schwieriger zu finden sein.

Möglicherweise haben die Häscher vom Gut Aiderbichl, wo Yvonne den Rest ihres Lebens verbringen soll, so sie erwischt wird, auch gröbere Sehprobleme. Denn gesichtet wird das scheue Tier immer wieder - wenn es des Abends das schützende Dickicht verlässt, um auf einer Wiese zu grasen, beispielsweise. Angeblich soll es einmal sogar schon von einem Betäubungspfeil getroffen worden sein. Doch bevor das Mittel wirkte, lief es so weit davon, dass es wieder wie vom Waldboden verschluckt war.

Dackel Mirko versagte

Selbst der Einsatz der österreichischen Verwandten blieb vorerst erfolglos. Der von einem heimischen Bauern nach Bayern zwecks späterer Schlachtung verkaufte Wiederkäuer hätte von seiner Schwester Waltraud und Kalb Waldi aus dem Unterholz gelockt werden sollen. Sie blieb dort. Dackel Mirko dürfte ebenso gröbere Augen- und Nasenprobleme haben. Sein Bemühen, der Flüchtigen auf die Spur zu kommen blieb ebenso erfolglos.

Jetzt soll es Ernst richten. Der ist ein dem Vernehmen nach stattlicher und viriler Stier und hat am Donnerstag auch schon in das Wäldchen hineingemuht, was als gutes Zeichen gedeutet wird, denn der Lockruf könnte unbezwingbare Leidenschaft bei Yvonne auslösen - hoffen die Häscher zumindest.

Unbewiesene Gerüchte, das Tier sei nur im Wald verschwunden, um im Sommerloch auftauchen zu können, sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Einen freut der mittlerweile recht beachtliche mediale Auflauf rund um das Gehölz: Zangbergs Bürgermeister Franz Merkl. "An uns geht es ja vorbei, aber bekannter werden wir trotzdem." (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgbe, 12.8.2011)