Rom - Die drakonischen Sparmaßnahmen, die Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti zur Eindämmung der Schulden- und Finanzkrise plant, sorgen für Risse in der Regierung Berlusconi. Tiefe Meinungsverschiedenheiten traten zwischen Premier Silvio Berlusconi und dem wortkargen Wirtschaftsminister auf, der mit einer "Euro-Steuer" von fünf bis zehn Prozent auf Einkommen von über 90.000 Euro pro Jahr und einer stärkeren Besteuerung der Kapitalerträge und der Börsengewinne die leeren Staatskassen auffüllen will, berichteten italienische Medien.
Zankapfel sind unter anderem Tremontis Pläne, die Immobiliensteuer ICI für Eigentumswohnungen wieder einzuführen. Diese Steuer war von Berlusconi nach seinem Wahlsieg im Jahr 2008 gestrichen worden, der Premier wehrt sich gegen ihre Wiedereinführung heftig. Als Alternative drängt der Medienzar auf eine Erhöhung um einen Prozentpunkt der Mehrwertsteuer, was den Staatskassen jährlich bis zu neun Milliarden Euro bescheren könnte. Tremonti stemmt sich jedoch gegen dieses Vorhaben mit der Begründung, die höhere Mehrwertsteuer würde den ohnehin schon stagnierenden Konsum im Land bedrücken und die Wirtschaft schwer belasten.
Auch um Einsparungen im Pensionsbereich wird heftig gestritten. Die rechtspopulistische Lega Nord kritisiert offen die geplanten Ausgabenkürzungen im Pensionswesen und drängt dagegen auf eine Vermögenssteuer. "Entweder kürzt man die Pensionen oder die großen Vermögen. Entweder belastet man die Armen oder die Reichen", sagte Lega-Chef Umberto Bossi.
Sogar in seiner eigenen Partei bekommt Berlusconi Widerstand zu spüren. Vier Parlamentarier seiner Mitte-Rechts-Gruppierung "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della libertá) kündigten an, dass sie gegen die Notverordnung stimmen könnten, mit der die Regierung die verschärften Sparmaßnahmen über die Bühne bringen will. Berlusconis Sparplan enthalte lediglich Ausgabenkürzungen, die das Land in eine Rezession stürzen würden, und keinerlei Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung, bemängelten die vier Parlamentarier. Die Ankündigung der Parlamentarier ist für den Premier Grund zur Sorge, da er in der Abgeordnetenkammer über keine solide Mehrheit verfügt.
Die Linksparteien rufen indes zu einem geschlossenen Kampf für die Rechte der einkommensschwächeren Sozialgruppen, wie Rentner, Arbeiter und arbeitslosen Jugendliche, auf. Als Sparmaßnahmen schlagen sie eine Halbierung der Verteidigungsausgaben und die Einführung einer Reichtumssteuer, sowie eine stärkere Besteuerung der Finanzrenditen vor. Die altkommunistische Partei "Rifondazione Comunista" drängt sogar eine Verstaatlichung der Banken. "Die Banken müssen im nationalen Interesse verstaatlicht werden. Die Finanzierung der realen Wirtschaft kann nicht Spekulanten überlassen werden", so Rifondazione-Chef Paolo Ferrero. (APA)