Themenverfehlung. Fünf, setzen. Wie Europas Finanzregulatoren und Wirtschaftspolitiker angesichts eines massiven Vertrauensverlustes an den europäischen Kapitalmärkten reagieren, ist eine Farce. Die Finanzaufseher in vier Ländern Europas haben die Wetten auf fallende Kurse bei Bankaktien verboten. Ihre einfache Formel lautet: kein Leerverkauf, kein Kursverlust.

Dabei handelt es sich nur um einen frommen Wunsch. Das Verbot von Leerverkäufen hat in der Krise 2008 wenig geholfen, und Griechenland steht trotz des teilweisen Verbots von Wetten gegen Staatsanleihen dort, wo es jetzt eben steht: ohne Chance auf Zugang zum Kapitalmarkt und mit dem Verlust der Souveränität über die Finanzpolitik.

Man kann durchaus darüber streiten, ob die Spekulation auf fallende Kurse gesamtwirtschaftlich einen positiven oder negativen Beitrag leistet. Doch in jedem Fall ist der Beitrag so klein, dass es fahrlässig ist, in der aktuellen Krise auf solche Verbote als Lösungsansätze zurückzugreifen. Zudem könnte man sich auch fragen, warum das als große Lösung verkündete Verbot nur für 15 Tage gilt, wenn es den Markt doch so viel ruhiger machen soll.

Den größten Hebel hat die Politik in Fragen von Staatsfinanzen und der Kapitalausstattung der Banken damit, jene Reformen einzuleiten, die das Vertrauen von Investoren wiederherstellen. Dass die Politik dennoch zum Leerverkaufsverbot als kosmetische Lösung greift, liegt daran, dass es politisch unproblematisch und öffentlich opportun ist. Bei unangenehmen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die Probleme wie hohe Staatsverschuldung mit Einsparungen oder geringe Bankenkapitalisierung mit Teilverstaatlichung an der Wurzel packen, gibt es Widerstand. Aber etwas zu verbieten, was nach Kriegsgewinnlerei riecht, hat noch nie geschadet.

Dass das Verbot (das insbesondere Bankaktien schützen soll) nicht einmal einen Monat nach den Veröffentlichungen der europaweiten Stresstests des Finanzsystems kommt, ist peinlich. Regulatoren sind damit gescheitert, denjenigen, die Banken Geld zur Verfügung stellen sollen - in guten Zeiten: die Anleger; in schlechten Zeiten: die Spekulanten -, klarzumachen, dass es keine Finanzierungsengpässe im Krisenfall geben wird. Es gibt diese Engpässe, und die aktuellen Lösungen zum Rettungsschirm genügen den Investoren offensichtlich nicht, um ihr Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 13./14.8.2011)