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David Cameron hielt am Montag eine Rede in einem Jugendzentrum in der Stadt Witney in Oxfordshire.

Foto: AP/Alastair Grant

London - Der britische Premierminister David Cameron will nach den Krawallen in mehreren englischen Städten die "gebrochene Gesellschaft" reparieren und seine Regierungspolitik auf den Prüfstand stellen. Großbritannien sehe sich einem "moralischen Kollaps" gegenüber, sagte Cameron am Montag bei einer Rede in einem Jugendzentrum in Oxfordshire. Deshalb sollten unter anderem die Bildungs- und Gesundheitspolitik unter die Lupe genommen werden. Der Kampf gegen Bandenkriminalität müsse "nationale Priorität" werden. Oppositionsführer Ed Miliband warnte vor Schnellschüssen und forderte eine tiefergehende Untersuchung der Ursachen für die Gewalt.

Cameron betonte erneut, die Kürzungen bei der Polizei würden wie geplant vorgenommen. Gespart werden müsse bei der Bürokratie. Die Zahl der Polizisten, die auf der Straße im Einsatz seien, bleibe weiterhin hoch genug, so der konservative Regierungschef.

"Pure Kriminalität"

Die Ursache für einen Großteil der Krawalle sieht Cameron in "purer Kriminalität". "Diese Krawalle hatten nichts mit Rassismus zu tun", sagte er. "Diese Krawalle hatten nichts mit Sparmaßnahmen der Regierung zu tun." Das Problem dahinter sei auch nicht Armut. Die Randalierer hätten "pure Gleichgültigkeit gegenüber richtig und falsch" gezeigt, sie hätten "verquere moralische Normen". Dagegen müsse mit Entschlossenheit vorgegangen werden.

Bereits am Sonntag hatte Cameron den Randalierern in einem Zeitungsinterview eine "Null-Toleranz-Politik" angedroht. Für Wirbel sorgte seine Ankündigung, den früheren New Yorker Polizeichef Bill Bratton um beratende Unterstützung im Kampf gegen Straßengangs gebeten zu haben. Aus den Reihen der britischen Polizei erntete Cameron scharfe Kritik für die Entscheidung.

Miliband: Armut und soziale Benachteiligung unterschätzt

Labour-Chef Miliband forderte unterdessen erneut eine tiefgreifende Untersuchung der Ursachen für die Krawalle. Armut und soziale Benachteiligung spielten bei den Geschehnissen der vergangenen Woche durchaus eine große Rolle.

Cameron habe "Angst", den wahren Gründen für den sozialen Zusammenbruch ins Gesicht zu sehen. "Der übliche politische Instinkt - eine Menge neuer Gesetze ankündigen, einen neuen Berater anstellen, ein paar alte Vorurteile und seichte Antworten hervorholen - wird das Bedürfnis der Öffentlichkeit nicht befriedigen", sagte der Oppositionspolitiker.

2.800 Festnahmen bisher

Unterdessen ging die polizeiliche Aufarbeitung der Krawalle weiter. Die Zahl der in Schnellverfahren vor Gericht geführten Randalierer nahm weiter zu. Insgesamt wurden bisher mehr als 2.800 Menschen festgenommen.

Bei den Krawallen, die am Samstag vor einer Woche in London ausgebrochen waren und sich von dort auf mehrere englische Städte ausgebreitet hatten, waren fünf Menschen ums Leben gekommen. Durch Feuer, Plünderungen und Gewalt entstand Millionenschaden. Die Ausschreitungen lösten in Großbritannien eine heftige Debatte über die sich ausweitende Kluft zwischen Arm und Reich aus. Die Polizei bekam die nächtlichen Ausschreitungen und Plünderungen vor allem in ärmeren Vierteln Londons und anderer englischer Städte erst nach einer massiven Verstärkung ihrer Kräfte in den Griff. (APA/Reuters)