Der Auslöser des Android-Booms: Das Motorola Droid war das erste - in den USA - massenhaft verkaufte Smartphone mit Googles mobilem Betriebssystem.

Grafik: Motorola

Auch wenn Android offiziell von der unabhängigen Open Handset Alliance (OHA) entwickelt wird, real passieren die entsprechenden Arbeiten praktisch zur Gänze bei Google. Doch während man im Softwaregeschäft die Zügel fest in der Hand hat, hatte man sich aus dem Hardware-Business bislang vornehm zurückgehalten und die Smartphone-Entwicklung ganz den eigenen Partnern überlassen. Zwar gibt es mit der Nexus-Serie eine Reihe von offiziell abgesegneten Google-Geräten - die Hardware lässt man aber auch hier von diversen Drittherstellern fertigen.

Kauf

Nun folgt allerdings eine Ankündigung, die das Android-Ökosystem grundlegend umkrempeln könnte: In einem Eintrag am offiziellen Google-Blog verlautbart man die Pläne den Smartphone-Hersteller Motorola - bzw. Motorola Mobility, wie die ehemalige Untersparte mittlerweile als eigenes Unternehmen offiziell heißt - übernehmen zu wollen. Als Kaufpreis nennt man 12,5 Milliarden US-Dollar (und damit satte 63 Prozent mehr als den aktuelle Börsenwert), der Vorstand beider Unternehmen habe der Übernahme bereits einstimmig zugestimmt, heißt es in einer separaten Nachricht an die Investoren. Allerdings braucht es zum Abschluss des Deals auch noch die Zustimmung der Kartellbehörden der USA und der EU, bis Ende des Jahres / Anfang 2012 hofft man diese Hürde genommen zu haben.

Hintergrund

Motorola habe sich von Anfang an voll und ganz hinter Android gestellt, und passe entsprechend hervorragend zu Google, so Firmenchef Larry Page. Mit dem Motorola Droid hat der Smartphone-Hersteller maßgeblich zum Android-Boom beigetragen und ist bis heute in diesem Umfeld äußerst aktiv. Zuletzt hatte man ja mit dem Motorola Xoom die Möglichkeit, das erste Tablet  mit Android 3.0 "Honeycomb" auf den Markt zu bringen - in enger Zusammenarbeit mit Google. Darüber hinaus verweist man auch auf Motorolas Erfahrungen bei Videolösungen und anderen Consumer-Geräteklassen.

Gemeinsam und doch getrennt

Gemeinsam mit Motorola wolle man nun Android geradezu neu "aufladen" ("supercharge") und frische User Experiences entwerfen, so Page. Dies für das gesamte Android-Ökosystem, und nicht nur zum eigenen Nutzen, wie sich der Google-Chef zu betonen beeilt. Zudem streicht Page heraus, dass sich an der Entwicklung von Android und der Zusammenarbeit mit Partner-Unternehmen nichts ändern solle - und natürlich auch nichts an dem Fakt, dass Android "offen" sei. Entsprechend werde Motorola auch als vollkommen unabhängige Geschäftseinheit weitergeführt, die wie alle anderen auch ein Lizenznehmer von Android sei.

Einschränkung

In Folge ist übrigens auch keineswegs gesagt, dass künftige "Nexus"-Geräte alle von Motorola kommen werden. Android-Boss Andy Rubin betonte, dass sich am Prozess der Auswahl eines Hardwareherstellers für die Geräte mit purer "Google-Experience" nichts ändern werde. Diese Wahl finde üblicherweise rund um Weihnachten statt, das auch weiterhin unabhängig agierende Motorola könne hier ebenso wie alle anderen Hardwarehersteller ein Angebot legen, mehr nicht.

Patente

Im folgenden verweist Page noch auf einen "Nebeneffekt" der Übernahme von Motorola - den so manche wohl für die Hauptmotivation zum Kauf halten: Mit der Übernahme stärkt man nämlich das Patent-Portfolio rund um Android massiv, hat Motorola in dieser Hinsicht doch eine Vielzahl relevanter - und grundlegender - Patente in der Hand. Nicht zuletzt hat das Unternehmen ja das erste Mobiltelefon aller Zeiten entwickelt. Auf diesen Umstand verwies man denn auch gleich im "Conference Call" nach der Ankündigung: Motorola habe aktuell 12.500 Patente im eigenen Portfolio, sowie 7.500 Stück, die noch auf die offizielle Absegnung warten. Damit will man sich künftig besser gegen die zunehmenden, "wettbewerbsfeindlichen Angriffe von Apple, Microsoft und anderen Unternehmen" gegen die Android-Plattform schützen können, so Page. 

Einschätzung

Auch wenn Google sich bemüht, die Auswirkungen auf andere Hersteller klein zu reden, bleibt doch der unleugbare Fakt, dass es - mehr oder weniger - offizielle Smartphones von Google geben wird. Damit tritt man nicht nur in einen verschärften Wettbewerb zu Apple - immerhin hat man nun ebenfalls Hard- und Softwareentwicklung in einer Hand - sondern stellt auch andere Hardwarehersteller im Android-Umfeld vor eine neue Situation. Insofern darf mit Spannung erwartet werden, wie diese auf die neue Situation reagieren werden. 

Stellungnahmen

In ersten Stellungnahmen konzentrieren sich HTC, LG und Sony Ericsson denn auch vor allem auf das Thema Patentschutz, und zeigen sich unter diesem Blickwinkel erfreut von der Übernahme - und Googles Anstrengungen Android zu schützen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 15.08.11)