Die Fronten in diesem kircheninternen Kampf sind verhärtet, die Trennlinien klar: Kardinal Christoph Schönborn hat wohl die Kirchenführung bis hinauf zum Papst auf seiner Seite. Der Seelsorger Helmut Schüller kann ein Gros des Kirchenvolks hinter sich wähnen. Am Ende drohen sie beide Verlierer zu sein.

Der engagierte Pfarrer Schüller und seine Mitstreiter wollen Frauen als Priester, Laien als Prediger und Pfarrer, die sich auch offiziell um den Zölibat nicht scheren müssen. Das wird die Kirche nicht bieten. Wohl noch auf längere Sicht nicht. Das käme einer Revolution gleich. Die geltenden Regeln sind verstaubt und in vielen Punkten nicht mit der realen Lebenswelt übereinstimmend. Schüller hat Recht, dagegen anzukämpfen. Bei einer Institution wie der Kirche bedeutet das vor allem eines: Geduld haben. Das bedingt auch verhandlerisches Geschick. Dennoch setzt Schüller lieber auf einen radikalen Frontalangriff als auf einen überlegten Schlachtplan. Schon der Name des Programms suggeriert das: "Aufruf zum Ungehorsam".

Wenn beide Seiten das Beste für ihre Kirche wollen, sollten sie rasch einlenken - sonst wird der Schaden groß sein. Derzeit läuft der Disput in eine Richtung, die auch der Kardinal nicht wollen kann: Es geht nicht nur um einige engagierte Priester. Der Kollateralschaden wäre größer. 2010 gab es mit fast 90.000 Austritten einen Negativrekord. Die Kirche sollte das nicht als Vorgabe betrachten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.8.2011)