Grete Schurz (2. v. re.), erste Frauenbeauftragte Österreichs, und Mitstreiterinnen bei einer Sitzung des Grazer Frauenrates 1991, fünf Jahre nach dessen Gründung.

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Graz - Als die damals 52-jährige Psychologin Grete Schurz 1986 in Graz als erste Frauenbeauftragte Österreichs antrat, war sie keine Unbekannte mehr.

Mit einem Sitzstreik hatte sie sechs Jahre zuvor die Finanzierung der Grazer Fraueninitiative durchgesetzt und auch die Leitung des von ihr initiierten Frauenhauses der Stadt übernommen. Das Grazer Frauenhaus wird heuer 30 Jahre alt. Der Grazer Frauenrat und die Institution der unabhängigen Frauenbeauftragten feierten diesen Sommer ihren 25. Geburtstag. Noch immer sind beide in Österreich einzigartig. Denn sowohl der Frauenrat, ein Gremium, in dem heute 50 Frauen und NGOs aus verschiedensten Berufen, Ethnien und Konfessionen sitzen, als auch die Frauenbeauftragte sind unabhängig. Das Wort Frauensolidarität nimmt man hier ernst. Als Gremium, das immer wieder aufgrund seiner Expertise von Frauenstadträtinnen oder Gemeinderätinnen zu Rate gezogen wurde, hat man sich etabliert, ohne von Parteien vereinnahmt zu werden.

Das zeigte man immer wieder eindrucksvoll: etwa beim Frauenvolksbegehren 1997 oder als 2002 konservative Katholikinnen mit linken Feministinnen gemeinsam protestierten, weil wieder ein Mann einen Kassenarzt für Gynäkologie werden sollte. Nach Schurz, die bis 1994 blieb, ist seit März 2009 Maggie Jansenberger die sechste Frauenbeauftragte für Graz. Sie sieht im STANDARD-Gespräch noch immer dieselben "Dauerbrenner" auf ihrer Tagesordnung: "Zu unserer Ombudsstelle kommen die meisten nach Trennungen, weil sie leistbaren Wohnraum brauchen, wegen Sexismus und Gewalt in jeder Form und wegen Obsorgefragen." Der Frauenrat sprach sich übrigens gemeinsam mit der Grazer Männerberatung gegen die automatische gemeinsame Obsorge aus.

Das nächste Ziel stehe unter dem Motto "Keine Tat ohne Frauenrat", erzählt Jansenberger, die im letzten Wahlkampf im Herbst 2010 bemerkte, wie wenig Frauenthemen noch immer in der Politik vorkommen. Ein Monitoring aller Parteien und die Präsentation der Ergebnisse im öffentlichen Raum stießen da bei weiblicher Laufkundschaft auf große Begeisterung: "Wir sind oft gefragt worden: 'Wieso gründet ihr eigentlich keine Partei?'", erinnert sich Jansenberger. Auch deshalb will der Frauenrat künftig nicht nur nach Lust und Laune von PolitikerInnen herangezogen werden, sondern bei allen größeren Entscheidungen, vor allem in Sachen Gesundheit, Bildung oder Integration, mitreden dürfen: "Wir wollen eine Anhörungspflicht im Gemeinderat verankert haben." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD Printausgabe 16.8.2011)