Der Aufsichtsrat der Telekom Austria unter Führung von ÖIAG-Chef Markus Beyrer tagt heute nicht nur zu den morgen, Mittwoch, veröffentlichten Halbjahreszahlen, sondern auch zur heiklen Frage der Kursaffäre. Sollte es im Februar 2004 tatsächlich zu einer Kursmanipulation zugunsten des Konzernmanagements gekommen sein, wäre die Telekom bzw. deren Aktionäre um rund 9 Mio. Euro betrogen worden. Dass heute schon eine Rückforderung des damaligen Bonusprogrammes beschlossen wird, gilt als unwahrscheinlich, steht doch noch keine einzige Person vor dem Richter.

Offene Fragen

Und selbst wenn es zu Verurteilungen kommen sollte - die Vorwürfe lauten auf Marktmanipulation und Untreue, Strafrahmen bis zu 10 Jahre - müsse noch geklärt werden, von wem sich die Telekom die Boni zurückholt. Hier reicht die Bandbreite von den Verurteilten bis hin zu allen Begünstigten. Das Gros der Empfänger hat Boni im unteren fünfstelligen Bereich erhalten und musste sich zur Teilnahme an den Aktienoptionsprogramm teilweise sogar Kredite aufnehmen, heißt es aus der Belegschaftsvertretung. Telekom-Chef Hannes Ametsreiter, der nach Eigenangaben aus dem Bonusprogramm 92.000 Euro erhielt, hat diesen Betrag auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Ametsreiter war im Frühjahr 2004 Marketingchef der Telekom-Tochter Mobilkom Austria und beteuert, von Manipulationen nichts gewusst zu haben. Dem Vernehmen nach soll er vom ehemaligen Telekom-Vorstand Gernot Schieszler, der sich der Justiz als Kronzeuge angeboten hat, nicht belastet worden sein.

Rückendeckung erhält Ametsreiter auch vom Telekom-Analysten Hannes C. Wittig von JP Morgan, der zur APA meinte, es sei "ehrenrührig" hier etwas dem aktuellen Telekomboss zu unterstellen.

Aufarbeitung

Für die ÖIAG ist der heutige Aufsichtsrat unter dem neuen Chef Beyrer auch eine Vergangenheitsbewältigung. Sie hatte aufgrund der schiefen Optik das Bonusprogramm nur unter Vorbehalt ausgezahlt, hat aber gleichzeitig den bisherigen Vorstand komplett wiederbestellt. Bisher wurde darauf verwiesen, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) damal nichts Verdächtiges entdecken konnte. Die wiederum rechtfertigt sich, dass ihr im Jahr 2004 die Instrumente gefehlt hätten, um die Manipulation aufzudecken. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter forderte heute als Konsequenz zur Telekom-Kursaffäre die rasche Änderung der ÖIAG-Aufsichtsratskonstruktion. Die Beschickung des ÖIAG-Aufsichtsrates sollte künftig in eine Verantwortlichkeit der gesamten Bundesregierung umgewandelt werden. Sollte hier die ÖVP der SPÖ entgegenkommen, sei dies eine "Vorleistung" für künftige Strategiegespräche zur weiteren Rolle der Staatsholding ÖIAG, so Kräuter.

Schmankerl am Rande: Im Jahr 2003 referierte Schieszler vor Journalisten zum Thema Beratungsunternehmen. Seine Aussage damals: "Für die Leistungserbringung gibt es keine Transparenz." Schieszler war damals Mitbegründer des "Corporate Consulting Club", als dessen designierter Präsident der Telekom-Finanzvorstand Colombo fungierte. Zweck des CCC sei es, eine Plattform zu schaffen, um Unternehmen und Berater zusammenzuführen und die Transparenz am Beratermarkt zu erhöhen. Nun ist Schieszler ausgerechnet über die bei einer Hausdurchsuchung beim Berater Peter Hochegger gefundenen Telekom-Rechnungen gestolpert.

Zahlen

Spannend werden auch die Halbjahreszahlen des teilstaatlichen Konzerns mit starker Präsenz in Südosteuropa. Im ersten Quartal belasteten die Kosten für den Mitarbeiterabbau das Ergebnis. Analysten schauen nun darauf, ob hier schon der Großteil eingepreist wurde oder noch Altlasten da sind. Kritisch blicken sie auch nach Weißrussland, wo eine Abwertung des weißrussischen Rubels den Beitrag der Telekom-Tochter Velcom schmälert. (APA)