Von Umberto Bossi oder Marine Le Pen sind wir blanken, zynischen Populismus ja schon längst gewöhnt. Doch plötzlich ruft auch der in solchen Angelegenheiten bisher unauffällige britische Premierminister David Cameron beinhart nach Law and Order, um die Lage auf der Insel nach den Krawallen unter Kontrolle zu bringen.

Das verblüfft - zumindest viele Kontinentaleuropäer, die im Ausbruch der Gewalt eher den Ausdruck des Frusts über soziale Missstände orteten statt des "moralischen Niedergangs" des Landes, wie Cameron vollmundig und selbstgerecht tönt. Der Premier behauptet, man habe es "ausschließlich mit Kriminellen" zu tun, und die Briten stimmen ihm in großer Zahl zu. Schon wieder reagiert man verblüfft, sogar zornig: Wie kann er das nur sagen?

Cameron kann es, glaubt es zu müssen. Er steht unter großem Druck einer Wählerschaft, die es nicht wahrhaben will, dass es nicht nur ihre eigenen Interessen gibt.

Die Interessen der zumeist jugendlichen Randalierer haben mitnichten nur mit Konsumrausch zu tun, sondern allzu oft mit Existenzangst und Perspektivlosigkeit. Wenn sich das in Gewalt und Plünderungen äußert, kann man das durchaus kurzfristig verwechseln. Beharrt man aber auf dieser Einschätzung, wie dies "Thatchers Enkel" (ein Spitzname, den die Medien Cameron gegeben haben) tut, so handelt es sich bloß um Populismus, um bewusstes Kalkül zum Machterhalt. So löst man keine Probleme. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.8.2011)