Startschuss für die Revitalisierung eines Wiener Architekturjuwels.

Foto: PID/A. Halada

Um die Sanierung der in den 1930er-Jahren errichteten Wiener Werkbundsiedlung hat es in den vergangenen Jahren heftige parteipolitische Scharmützel gegeben. Sowohl ÖVP, FPÖ als auch die Grünen wiesen die bis Ende letzten Jahres allein regierende SPÖ immer wieder darauf hin, dass der unrettbare Verfall des Architekturjuwels in Wien-Hietzing drohe, wenn nicht endlich etwas geschehe.

Vor genau einem Jahr gab Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) dann bekannt, dass die Sanierung auf Schiene sei - und am heutigen Donnerstag wurden auch die Bauarbeiten in Angriff genommen. In den kommenden Jahren werden die insgesamt 48 Gemeindesiedlungshäuser revitalisiert, zum Großteil auf Kosten der Stadt.

Erste Phase startet

Für die erste Etappe hat man sich bis Sommer 2012 nun einmal vier der insgesamt 70 Häuser vorgenommen, nämlich die Häuser Woinovichgasse 16, 18 und 20 von Architekt Gerrit Rietveld sowie Veitingergasse 85 von Architekt Josef Hoffmann. Unter anderem werden Fassaden, Böden, Fenster und Türen sowie Sanitärräume instand gesetzt bzw. erneuert, so Ludwig in einer Pressekonferenz.

Das Budget für den entsprechenden Abschnitt liegt bei 1,3 Millionen Euro. Insgesamt kostet das Sanierungsvorhaben rund zehn Millionen Euro, wovon die Stadt etwa sieben Millionen übernimmt. Schließlich reichen laut Ludwig die Mietzinsrücklagen "bei weitem" nicht aus. Als Enddatum der Gesamtrevitalisierung peilt die Stadt das Jahr 2016 an.

Die bis dato letzte Sanierung erfolgte zwischen 1982 und 1985. Aufgrund des in den 1930er-Jahren verwendeten Baumaterials besteht nun jedoch erneuter Sanierungsbedarf. Die Renovierung der Siedlung sei außerdem extrem aufwendig, da die einzelnen Objekte individuellen baulichen Charakter aufweisen. Jedes neue Fenster bis hin zu den Scharnieren müsse beispielsweise in Handarbeit hergestellt werden, skizzierte Ludwig.

Gespräche mit weiteren Besitzern

Neben Außen- und Innenausstattung der Häuser werden zudem Wärmeschutz, Lüftung oder Gartenterrassen eingebaut respektive auf Vordermann gebracht. Abgewickelt wird die Revitalisierung von der eigens gegründeten WISEG (Wiener Substanzerhaltungsgesellschaft & Co KG). An den Besitz- und Mietverhältnis werde sich nichts ändern, so Ludwig. Die 48 Häuser bleiben im Besitz der Stadt, Mietverträge bleiben aufrecht.

22 weitere Objekte der Siedlung befinden sich allerdings im Privatbesitz. Hier sei man in Gesprächen mit den Eigentümern, sich der Renovierung anzuschließen, hieß es. Diese käme für die Inhaber dann dank Synergieeffekten günstiger, so das Argument.

Erbaut ab 1930

Die Werkbundsiedlung entstand in den Jahren 1930 bis 1932 unter der Leitung des Architekten Josef Frank. Die Objekte stammen unter anderem von Adolf Loos, Josef Hoffmann oder Clemens Holzmeister. Die Siedlung gilt heute als eines der bedeutendsten Beispiele moderner Architektur in Wien.

Errichtet wurde die Werkbundsiedlung von der Gesiba, einer dem Bund, der Gemeinde und dem Siedlerverband gehörenden Wohnbaugenossenschaft. Ursprünglich sollte die Avantgardeanlage in der Nähe des Favoritner Wasserturms bei der Triesterstraße entstehen. Frank erachtete den Standort jedoch als ungeeignet und setzte sich erfolgreich für Hietzing ein.

Architektonische Klarheit

Bereits bei der Errichtung war man sich der Feuchtigkeit des gewählten Baugrundes in Lainz bewusst. Zu den wenigen Auflagen für die Architekten gehörte deshalb die Unterkellerung und die Verwendung von Ziegelbauwerk. Zudem sollten die Häuser seriell herstellbar sein.
Frank, dessen Bau das Herzstück der Siedlung bildet, platzierte gleichartige Häuser gruppenweise, wie in der Veitingergasse und Jagdschloßgasse. In der Woinovichgasse stellte er dagegen die stilistisch nicht einzuordnenden Häuser zueinander. Trotz allem Individualismus der Beteiligten entstand so eine Siedlung von architektonischer Klarheit.

Dennoch wurden 1932 nur 14 Häuser verkauft - die Unterkellerung machte die Objekte teuer. Der Rest wurde von der Gemeinde Wien übernommen. (red/APA)