Voll Trauer: Charlize Theron in "Auf brennender Erde".

Foto: Einhorn Film

Wien - Von der Wucht der Explosion, mit der dieser Film beginnt, werden sich seine Figuren bis zum Ende nicht erholen. Mitten in einer pittoresk anmutenden Wüstenlandschaft in New Mexico fliegt ein Wohnwagen in die Luft. Ein Mann und eine Frau finden darin den Tod. Sie haben sich regelmäßig hierher zurückgezogen, um ihre Affäre vor ihren Familien geheim zu halten. Später erfährt man, dass die amerikanische Frau ihren mexikanischen Liebhaber aus Angst oder Scham nicht länger hätte treffen wollen. Doch ihre Sehnsucht war stärker.

So wie die Trümmer des Wohnmobils in alle Richtungen in die Luft fliegen, so sehr bemüht sich Guillermo Arriaga, die erzählerischen Bausteine seines Films wieder zusammenzutragen. Diese Methode überrascht nicht weiter, wenn man weiß, dass Arriaga viele Jahre lang die Drehbücher für Alejandro González Iñárritu geschrieben hat, mithin für den Erfolg von Filmen wie 21 Grams und Babel verantwortlich zeichnete, weshalb er nun für sein Regiedebüt Auf brennender Erde / The Burning Plan gleich auf drei Stars zurückgreifen konnte.

Gemeinsam haben Arriaga und Iñárritu das bedeutungsschwere Verknüpfen von Schicksalen perfektioniert und der Ansicht Vorschub geleistet, dass auch im Kino alles mit allem zusammenhängen müsse. Dass dies auch in Auf brennender Erde der Fall sein wird, ahnt man bereits, wenn nach der Explosion im trostlos grauen Seattle Charlize Theron als erfolgreiche Restaurantbesitzerin von mehreren Männern begehrt wird, selbst aber nicht fähig ist zu lieben. Ein traumatisches Erlebnis lässt sie nicht zur Ruhe kommen, wohingegen der sie verfolgende Mexikaner einen Auftrag und ein klares Ziel zu haben scheint.

Arriaga inszeniert das Geschehen im kalten Norden als Kontrast zu jenem im Grenzgebiet zu Mexiko, wo Kim Basinger sich in mehreren ineinander verschachtelten Rückblenden als jene Frau erweist, die mit ihrem Tod eine verstörte Familie hinterlässt, die durch Schande, Wut und Trauer zerbricht. Zugleich erlaubt dies Arriaga, eine weitere Handlungsebene einzuziehen, in der Jennifer Lawrence als verschlossene Tochter das Geschehen bestimmt.

Bei aller dramaturgischen Raffinesse, nicht allzu rasch auf das große Geheimnis zuzusteuern, erweist sich der Film jedoch als überraschend durchschaubar. Denn ab einem gewissen Zeitpunkt hat auch die ausgeklügelte Erzählweise nichts mehr zu verbergen, und spätestens dann wird jede Enthüllung zur Pflichterfüllung. Das Bild, zu dem sich die Puzzlesteine am Ende fügen, ist wichtiger als die Teile selbst; das Mysterium, das sich schließlich offenbart, wichtiger als die kleinen Geheimnisse, die man den Figuren gerne zugestehen würde.

Iñárritu schickte, nachdem Arriaga und er sich voneinander trennten, Javier Bardem in Biutiful als sterbenskranken Mann auf eine letzte Reise. Arriaga schlägt zwar eine weniger pathetische Richtung ein, kommt aber ebenfalls nicht an zur Schau gestellten Narben und körperlichen Versehrtheiten vorbei. Fast möchte man meinen, dass diese von den Splittern herrühren, aus denen dieser Film besteht. (Michael Pekler, DER STANDARD - Printausgabe, 19. August 2011)