Berlin - Der jahrzehntelange Streit um die Nofretete geht neuen Erkenntnissen zufolge auf die deutsch-französische Feindschaft nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Das hat die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy anhand eines bisher unbekannten Aktenkonvoluts herausgefunden, wie die Technische Universität (TU) Berlin am Donnerstag mitteilte.

Die mehr als 3.000 Jahre alte Büste der schönen Königin war 1913 bei der Fundteilung nach den Ausgrabungen der deutschen Seite zugesprochen worden. Dennoch forderte die Altertümerverwaltung in Kairo den wertvollen Kopf von 1925 an vehement zurück. Grund: Die Behörde stand damals unter der Leitung des Franzosen Pierre Lacau, der nach den Erkenntnissen der Wissenschafterin einen tiefsitzenden Hass auf die Deutschen hatte. Seine Ablehnung sei so weit gegangen, dass er Deutschland über Jahre hinweg weitere Ausgrabungen in Ägypten untersagte.

Savoy bezieht sich auf eine Akte aus dem Nachlass des Lacaus. Die unter dem Titel "Tete de Nefertiti. 1925-1931" zusammengefassten Unterlagen seien bisher nicht berücksichtigt worden. "Diese Dokumente führen die bisher unterschätzte französische Dimension des deutsch-ägyptischen Disputs um Nofretete eklatant vor Augen", schreibt die Kunsthistorikerin in ihrem Buch "Nofretete. Eine deutsch-französische Affäre".

Der Streit dauert bis heute an. Der langjährige Leiter der ägyptischen Altertümerbehörde Zahi Hawass hatte mehrfach die Herausgabe der im Neuen Museum in Berlin ausgestellten Büste gefordert. Im Zuge der Revolutionswirren stieg Hawass sogar zum Minister auf, fiel aber im Juli in Ungnade. Die Staatsanwaltschaft in Kairo ermittelt wegen Korruption und illegalen Antiquitätenhandels gegen ihn.

Nofretete war die Hauptfrau des ägyptischen Pharaos Echnaton. Ihre etwa 1355 v.Chr. von dem Bildhauer Thutmosis geschaffene Büste war 1912 bei Ausgrabungen entdeckt worden. Nach der Fundteilung wurde das fast unversehrte Kunstwerk 1923 erstmals in Berlin öffentlich ausgestellt.  (APA)