Rotterdam/Wien - Kein Jahr ist wie das andere, ein postolympisches lässt sich mit einem präolympischen schon gar nicht vergleichen. 2009 etwa, im Jahr nach den Spielen in Peking, hat sich die Dressur-Reiterei ordentlich entspannt. Heuer, im Jahr vor den Spielen in London, werden die Zügel wieder angestellt. Schließlich geht's dieser Tage bei der EM in Rotterdam nicht nur um Medaillen, sondern auch um die Olympia-Qualifikation.

Mit dem sechsten Platz, den Österreichs Equipe 2009 erzielt hatte, wäre die Norm erfüllt gewesen. Doch weil 2011 nicht 2009 ist, hat das Team gestern diesen sechsten Platz knapp verpasst, und London rückt in die Ferne. Nun bleibt die Hoffnung, sich mit Stichtag 1. März 2012 über eine bereinigte Weltrangliste zu qualifizieren. Elisabeth Max-Theurer, Verbandspräsidentin Österreichs, war nicht überrascht. "Es sind derzeit einige Länder über uns zu stellen. Vor allem Schweden, Dänemark, Spanien." Von Großbritannien, dem überlegenen Europameister, Deutschland und den Niederlanden ganz zu schweigen. Dieses Trio hatte schon zuvor das Olympiaticket gelöst.

Besser stehen die Chancen, dass Österreich im olympischen Einzelbewerb vertreten ist. Victoria Max-Theurer, die Präsidentinnentochter, rangiert an neunter Stelle der Weltrangliste, die bis auf einen US-Amerikaner eine Europarangliste darstellt. Genau in diesem Bereich reihte sich die 25-Jährige mit ihrer gestrigen Leistung auf dem elfjährigen Hengst Augustin ein. Wegen einer Lungenembolie lag Max-Theurer vor einem Monat noch im Spital, sie verpasste das Turnier in Aachen. Mag sein, diese Absenz kostete den einen oder anderen Zehntelpunkt bei der EM. Etliche Juroren pflegen nicht nur einen Auftritt, sondern den Gesamteindruck im Saisonverlauf zu bewerten.

Was die absolute Spitze angeht, ist nach dem EM-Auftakt schon zu sagen, dass der Weg zu Titeln in London 2012 wohl über die Gastgeber führt. Solo hängte ihr Bester, Carl Hester auf Uthopia, im Teambewerb gar den Deutschen Matthias Rath mit seinem Wunderpferd Totilas ab. Als Equipe erscheinen die Briten sowieso als eine unbezwingbare Macht. Doch aufgepasst - ein olympisches lässt sich nicht mit einem präolympischen Jahr vergleichen. (Fritz Neuman, DER STANDARD Printausgabe 19.08.2011)