Die Modeindustrie wird ihr schlechtes Image nicht los und riskiert eine handfeste Krise. Ihr Etikett liest sich wie ein Sündenregister: fehlende Arbeitsverträge bis hin zu Zwangsarbeit in Niedriglohnländern, Gesundheitsgefahr für Mitarbeiter, giftige Chemie in der Kleidung. Konsumenten nehmen diese Missstände auf Dauer nicht hin. Das zeigt allein die hohe Sensibilität in Sachen Lebensmittel. Textilketten, die sich darüber hinwegsetzen oder sich hinter vagen Verhaltensregeln und grünen Mänteln verstecken, werden bald hektisch Imageschäden ausbügeln.

Vorwürfe von an Sklaverei grenzende Arbeitsbedingungen, mit denen sich Zara derzeit konfrontiert sieht, gehen unter die Haut. Der Ruf nach niedrigen Preise ist laut, ohne Zweifel. Doch diese werden auch Händler bieten, die sich an soziale Spielregeln halten. Ein Prozent beträgt der Lohnanteil an den Gesamtkosten einer Markenjeans. Bei drei Prozent wären existenzsichernde Löhne drinnen.

Warum sogar Luxuslabels Arbeitern in Fernost oder Südamerika die paar Cent vorenthalten, lässt sich keinem erklären. Transparentere Kalkulation muss her. Wohin fließt das Geld für die Klamotten, wenn es nicht bei den Beschäftigten ankommt? In Marketing, in die Marge? Ein Kaufboykott nutzt ob rarer Alternativen wenig. Mehr Druck üben Kunden aus, die in Läden beharrlich Herkunft und Arbeitsbedingungen hinterfragen. Zeiten, in denen der Modezirkus seine Schmutzwäsche im Stillen wusch, sind vorbei. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.8.2011)