Marktbereinigung, Zyklen, Konjunktur, Kurskorrektur - das hören wir bei jedem Crash. Wenn es aber tatsächlich klare Anzeichen für den Crash gäbe, würden nicht nur Spekulanten und Fonds, sondern auch Regierungen, Zentralbanken und Unternehmensführer versuchen, den Crash zu vermeiden - und sei es nur, um ihr persönliches Portfolio mit Bargeld, Gold und Immobilien zu schützen.

Hier die sieben wichtigsten Fehlannahmen, die durch den Crash widerlegt werden:

1) Zyklus
Die Aktien erholen sich wieder. Davon haben allenfalls Anleger etwas, die zum Tiefststand gekauft haben. In Japan hat der Nikkei-Index seinen Höchststand von 40.000 Punkten inzwischen seit 25 Jahren nicht mehr erreicht. Fazit: Es muss nach einem Crash nicht wieder aufwärts gehen.

2) Konjunktur
Finanztitel folgen konjukturellen Entwicklungen etwa des Konsums, des Exports oder der Arbeitslosenstatistik. Die letzten drei Crashs 2001, 2008 und 2011 fielen alle in Phasen des Wachstums und Wohlstands, nicht der Depression und Rezession. Fazit: schlechte Konjunktur kann wohl kaum Crashursache sein.

3) Schwarmverhalten
Börsenweisheiten wie "Sell on good news" und andere kollektive Mantras der Börsencommunity sollen den Crash als Schwarmverhalten erklären. Tatsächlich wird aber der Aktienmarkt heute von wenigen, sehr grossen Marktteilnehmern bestimmt, die sich nicht auf Parkettgeflüster verlassen. Sie können - wie jüngst Pimco die US-Staatsanleihen - auch aus strategischen Gründen ganze Titelgruppen abstossen.

4) Marktbereinigung
Gerne erzählen marktradikale Gurus die Geschichte von der Marktbereinigung. Danach scheiden im Crash die weniger wettbewerbsfähigen Konkurrenten aus und nur die Besten bleiben. Im Crash erwischt es aber leider auch kerngesunde Unternehmen wie Siemens, BASF und T-Com.

5) Kurskorrektur
Gerne führen Börsenfachleute die Kurskorrektur als Crashursache an. Als ob durch den Crash eine unnatürliche Überbewertung, eine Blase korrigiert würde. Fakt ist, dass zumindest die deutschen Aktien vor den drei Crashs nicht überbewertet waren. Der DAX hat sich ja gerade erst vom letzten Crash erholt.

6) Warnung
Der Crash als Wink mit dem Zaunpfahl um ausufernde Staats- und Unternehmensverschuldung, gesättigte Märkte und Rohstoffknappheit anzukündigen. Anschließend wird vernünftigeres Verhalten erwartet. Fakt: Bisher haben sich nach keinem Crash die Überproduktion, die Verschuldung und der Rohstoffverbrauch gesenkt. Der Crash taugt also nicht zur Warnung.

7) Höhere Gewalt
Die göttliche Hand der Aktienmärkte beschrieb bereits Emile Zola in seinem Börsenklassiker "Das Geld". In einer Zeit, in der die Schaffung von sogenanntem "Fiat-Money" hinterfragt wird und Kritiker der Finanzwirtschaft Billionen von Derivaten als toxisches Risiko ausmachen, erscheint der Crash als Eingriff einer höheren Macht in die Sünden der Finanzwirtschaft. Einzige Frage: Warum muss diese höhere Macht so oft eingreifen, wo sie doch mit einem Supercrash alle Assets platt machen könnte. Jeder neue Crash spricht gegen das Wirken einer "göttlichen Hand". (Alexander Dill, derStandard.at, 19.8.2011)