Zumba soll vor allem Spaß machen, sagt Trainerin Crissy und weist die Vorwürfe zurück, dass es sich bei dem Fitnesstrend um eine Sekte handle.

Foto: derStandard.at/Eigner

Aller Anfang ist schwer: Es ist gar nicht so leicht, dem Gemisch aus Standardtanzschritten und klassischen Aerobic-Bewegungen zu folgen.

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Beim Lokalaugenschein von derStandard.at haben nur wenige Teilnehmerinnen den Weg in den verspiegelten Saal eines Tanzstudios am Rennweg gefunden. Dabei erinnert die heiße Luft an diesem Tag besonders an Südamerika - die Region, aus der jener Tanz stammt, den die anwesenden Frauen vergöttern: Zumba. Warum sich der Fitnesstrend so großer Beliebtheit erfreut, ist für die Trainerinnen Crissy und Michi klar: Es gehe darum, gemeinsam Spaß zu haben, während man sich zu lateinamerikanischen Rhythmen bewege.

Standardtanz und Aerobic

Beim Selbstversuch stellt sich gleich heraus, dass es gar nicht so einfach ist, dem Gemisch aus Standardtanzschritten und klassischen Aerobic-Bewegungen zu folgen, die von Crissy und Michi vorgezeigt werden. Noch dazu wenn man dazu die Arme schwingen und das Becken kreisen soll. Was bei der geübten Zumba-Teilnehmerin schon richtig sexy aussieht, kommt bei der Anfängerin noch etwas verkrampft rüber. Aber Crissy beruhigt: "Bei uns wird niemand ausgelacht und ab der dritten Einheit fällt es bereits leichter, ein besseres Körpergefühl und mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln."

Das Wort Zumba entstammt übrigens der kolumbianischen Jugendsprache und heißt so viel wie "sich schnell und lustig bewegen". Zumba sei eher durch Zufall entstanden, erzählt Crissy die Erfolgsgeschichte, die wie ein modernes Märchen klingt. Der kolumbianische Fitnesstrainer Beto Perez vergaß eines Tages seine Musikkassetten zu Hause und hatte keine Zeit mehr, noch einmal heim zu fahren. Deshalb nahm er einfach Kassetten mit südamerikanischer Populärmusik aus dem Auto mit und zeigte im Kurs aus dem Stehgreif die Schritte von Standardtänzen dazu vor. Die Kunden wollten mehr davon und Zumba breitete sich von Kolumbien nach Miami und schließlich in die ganzen USA aus. 2006 kam der Tanz nach Europa, 2008 dann auch nach Österreich. 

Abnehmen und entspannen

Mittlerweile wird in über hundert Kursen in ganz Österreich zu Salsa und Reggaeton gewackelt, geklatscht und gejauchzt, mal schneller, mal langsamer - im heutigen Fall 50 Minuten lang. Zumba ist ein Intervalltraining, das besser als beispielsweise Muskeltraining geeignet ist, Kalorien und somit Fett zu verbrennen. Je nach Trainingsstand verbrennen die TeilnehmerInnen 600 bis 1000 Kalorien pro Einheit. Susanne, die mittlerweile vier bis fünf Mal pro Woche zum Zumba kommt, hat in vier Monaten bereits zwölf Kilo abgenommen. Ein netter Nebeneffekt, wie sie sagt, denn zum Zumba ist sie eigentlich wegen des Spaßes gekommen.

Die Trainerinnen Crissy und Michi sind sich einig, was den Reiz eben dieses Tanzsports ausmacht: "Die Leute kommen grantig und gestresst von der Arbeit, aber in den 50 Minuten Zumba müssen sie sich so auf die Schritte konzentrieren, haben Spaß, während sie sich auspowern, und keine Zeit, an irgendwelche Probleme zu denken. Nach der Einheit sind sie total gelockert und gelöst und gehen entspannt nach Hause." Zumba ist angeblich für alle Alters- und Neigungsgruppen geeignet, es gibt spezielle Kurse für Kinder und ältere Menschen sowie Varianten mit mehr Tanz, mehr Fitness oder sogar Muskelaufbau.

Vorwurf der Kommerzialisierung

Bei so viel Positivem muss es doch auch einen Haken geben, will man meinen. Tatsächlich müsse sich Zumba oft den Vorwurf der Uniformierung und Kommerzialisierung gefallen lassen. Neben Zumba-Kleidung und -Schuhen gibt es Übungs-CDs und -DVDs für daheim und sogar ein Konsolenspiel ist schon am Markt. Trainerin Crissy winkt ab und spricht gar von Heuchelei der Kritiker. "Warum kauft sich ein Bon Jovi-Fan ein Bon Jovi-T-Shirt, warum kauft sich jemand eine Tanz der Vampire-Tasse? Weil es ihm oder ihr gefällt." Sie versichert, dass niemand blöd angeschaut werde, wenn er oder sie ohne Zumba-Leiberl zum Kurs komme. Genauso wenig hätten die TrainerInnen den Auftrag, Zumba-Produkte an die TeilnehmerInnen zu bringen.

Und auch mit einem anderen Gerücht räumt sie auf - Zumba sei nämlich keine verschwitzte Partnerbörse. Dass viele Singles, vornehmlich Frauen, zur Tanzstunde kommen, stimme aber. Denn es gebe viele, die südamerikanische Musik zwar mögen, aber keinen Tanzpartner für einen Paarkurs fänden. Bei Zumba genießen sie diese Rhythmen und können sich ganz alleine dazu bewegen.

Der Hype geht weiter

Alleine, aber zusammen bewegen, werden sich am kommenden Samstag mehrere hundert TeilnehmerInnen beim ersten Zumba Open Air am Festivalgelände Wiesen. Der Hype ist schon so groß, dass sich diese Veranstaltung wie ein Musikfestival geriert, internationale Acts, in diesem Fall TrainerInnen, inklusive.

Ob sich Zumba nach einem ersten Hype genauso schnell in der "Normalität" wiederfinden wird wie Tae-Bo oder Aerobic vor ihm? Crissy und Michi glauben an ihr Zumba, denn es habe einen entscheidenden Vorteil: jede Menge Spaß. Dem stimmen auch die Teilnehmerinnen des heutigen Kurses zu. Nach der Einheit steht zwar allen der Schweiß auf der Stirn, aber alle lachen und wirken irgendwie locker und gelöst. (Sandra Eigner, derStandard.at, 19.8.2011)