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Die ersten Parabolantennen sind installiert - nächsten Monat tritt Projekt ALMA in die Phase "Early Science" ein.

Foto: APA-FOTO: CHRISTIAN MÜLLER

Santiago/Wien - In den chilenischen Anden nimmt in Kürze ein Teleskop der Superlative seinen wissenschaftlichen Betrieb auf: Ende September startet die Phase der "Early Science" für das internationale Projekt "Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array", leutseliger genannt: ALMA. Die ersten Beobachtungen werden bereits mit den ersten 16 installierten Parabol-Antennen durchgeführt, währenddessen das Teleskop weiter aus- und aufgebaut wird. Bis 2013 werden insgesamt 66 riesige Antennen aufgebaut, die gemeinsam Signale aus der Frühzeit des Universums empfangen sollen.

Perfekte Lage

In 5.000 Metern Seehöhe auf der Chajnantor-Hochebene, rund 50 Kilometer südöstlich von San Pedro de Atacama in Nordchile gelegen, wird ALMA das weltweit höchstgelegene Observatorium sein. Es wird auch das weltgrößte Teleskop sein. Nicht die einzelnen Antennen mit ihren Empfangsschüsseln von jeweils zwölf Metern, da gibt es durchaus größere. Die Geräte sind aber transportabel und können auf dem Plateau in Abständen zwischen 150 Metern und 16 Kilometern angeordnet werden. So lässt sich quasi zoomen und es entstehen Bilder wie von einem Teleskop mit kilometergroßer Empfangsschüssel und zehnmal schärfer als jene des Weltraumteleskops "Hubble". Schon im "Early Science"-Stadium mit 16 Antennen ist ALMA leistungsfähiger als alle anderen Teleskope in diesem Wellenlängenbereich.

Und schließlich liegt ALMA in der Atacama-Wüste, die als die trockenste Gegend der Welt gilt und damit beste Bedingungen für die Beobachtungen bietet. Durch den hoch gelegenen Standort und die so trockene Luft trifft das für ALMA interessante Licht im Wellenlängenbereich von 0,3 bis 9,6 Millimeter fast ungestört auf die Antennen. In diesem Bereich der elektromagnetischen Strahlung, der zwischen infrarotem Licht und Radiowellen liegt, offenbart sich das kalte Universum. Vor allem ausgedehnte, nur wenige Zehntel Grad über dem absoluten Nullpunkt (-273,15 Grad Celsius) kalte Molekülwolken senden Licht dieser Art aus. Diese Gas- und Staubwolken sind im sichtbaren Lichtbereich undurchsichtig. Erst der Millimeter- und Submillimeter-Bereich ermöglicht den Blick in ihr Inneres, wo neue Sterne entstehen.

Zudem lassen sich die entferntesten - und damit ersten - Galaxien mit ALMA beobachten. Nicht weil sie so kalt sind, sondern weil die Wellenlänge ihres Lichts auf dem langen Weg zu uns durch die Expansion des Universums gedehnt worden ist und ihre Strahlung nun im Millimeter- und Submillimeterbereich die Erde erreicht.

Beobachtungen rund um die Uhr

Im Gegensatz zu den hochglanzpolierten Sammelspiegeln von optischen Teleskopen wirken die matt-weißen Schüsseln der ALMA-Teleskope relativ unspektakulär. Wie für jedes Teleskop gilt auch für ALMA, dass die Oberfläche nahezu perfekt sein muss, um die Lichtstrahlen präzise zu fokussieren. Defekte dürfen dabei maximal ein paar Prozent der Wellenlänge groß sein. Für Lichtwellen im Submillimeter- und Millimeter-Bereich erfüllt die unscheinbare Oberfläche diese Voraussetzung perfekt. Das Material kann aber noch mehr: Weil mit den Teleskopen auch die Millimeter- und Submillimeter-Strahlung unserer Sonne beobachtet werden soll, muss die Oberfläche der Schüssel so beschaffen sein, dass Licht im sichtbaren Bereich diffus gestreut wird. Andernfalls würde der Sekundärspiegel, wo die einfallenden Lichtstrahlen konzentriert werden, regelrecht verdampft.

Weiterer Vorteil: wenn im kalten Anden-Winter Schnee auf die Antennen fällt, können diese einfach zur Sonne ausgerichtet werden und der Schnee schmilzt. Mit klassischen Spiegeln wäre das undenkbar. ALMA soll so wenig wie möglich still stehen. Beobachtet wird 24 Stunden, Tageslicht stört - im Gegensatz zu optischen Teleskopen - nicht bei der Beobachtung in diesem Wellenlängenbereich.

An dem rund eine Milliarde Euro teuren Projekt sind Partner aus Nordamerika, Ostasien und Europa beteiligt, letzteres vertreten durch die Europäische Südsternwarte (ESO). Diese betreibt bereits mehrere Observatorien in Chile, darunter das Very Large Telescope (VLT), ebenfalls in der Atacama-Wüste. Jeweils 25 der Zwölf-Meter-ALMA-Antennen kommen aus Europa und Nordamerika, die Asiaten liefern vier Zwölf-Meter- und zwölf Sieben-Meter-Teleskope. (APA/red)