Berlin kommt nicht zur Ruhe. In der Nacht auf Freitag brannten in der deutschen Hauptstadt wieder Autos aus. Diesmal, in der vierten Nacht in Folge, waren es elf. Somit standen in den vergangenen Nächten 67 Autos in Flammen.
"Wir stochern im Nebel", gibt Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), der mitten im Wahlkampf steckt, zu. Er hat die Berliner zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen und erklärt: "Wir sind auf die Mithilfe der Bevölkerung wirklich angewiesen." Auch die Polizei bittet, Verdächtiges sofort zu melden, jedoch nicht selbst einzugreifen.
130 Polizisten sind mittlerweile nachts auf den Straßen unterwegs, nur um nach den Brandstiftern zu fahnden, zum Teil werden Hubschrauber eingesetzt. Doch selbst die Berliner Polizeipräsidentin Margarete Koppers räumt ein: "Ein Quäntchen Glück gehört dazu." Denn in Berlin gibt es 5400 Kilometer Straßen, 1,2 Millionen Fahrzeuge sind gemeldet.
Meist verwenden die Brandstifter Grillanzünder. Diese sind billig, leicht zu beschaffen und zu transportieren. Und sie haben aus Sicht der Täter einen großen Vorteil: Bis ein entflammter Grillanzünder das ganze Auto in Brand gesetzt hat, können 15 Minuten vergehen. Bis dahin sind die Täter jedoch längst verschwunden.
Die oppositionelle CDU wirft Wowereit und seinem rot-roten Senat Versagen auf allen Linien vor. Wowereit habe es in seiner zehnjährigen Amtszeit nicht geschafft, das Problem in den Griff zu bekommen.
Kanzlerin Merkel besorgt
Die CDU, die in Berlin kaum Erfolge zu vermelden hat, will die Brände nun im Wahlkampf ausschlachten. Ab Montag wird sie in der ganzen Stadt Plakate anbringen, die die Brandserie zum Thema haben. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich ebenfalls besorgt und kritisierte: "Menschenleben werden kaltblütig aufs Spiel gesetzt."
CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach und sein SPD-Kollege Dieter Wiefelspütz weisen darauf hin, dass auch der RAF-Terror mit Brandanschlägen begonnen habe. Sie sehen die Gefahr, dass sich die Gewalt eines Tages auch gegen Menschen richten könne.
Davon will die Polizei jedoch nichts wissen. "Wer die unsäglichen Brandstifter zu Beinahe-Terroristen hochredet, facht die nächsten Brandnächte an und fällt der Polizei in den Rücken", mahnt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut. Die Polizei vermutet 50 Prozent der Täter in der linken Szene, die anderen 50 Prozent seien Pyromanen und Trittbrettfahrer. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 20./21. August 2011)