Rund um die Summerstage an der Roßauer Lände wäre der Einstieg in den Donaukanal relativ einfach zu gestalten.

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Bernhard Engleder ist Dienststellenleiter der MA 28 (Straßenbau) und Donaukanalkoordinator.

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Bei der Sophienbrücke (heute Rotundenbrücke) fanden nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur Schwimm- sondern auch Wassersprungwettkämpfe statt.

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1919 sollen 250.000 Schaulustige dem Bewerb "Quer durch Wien" verfolgt haben. Aufgrund von antisemitischen Anfeindungen verlor das Spektakel in dern 1930ern an Popularität.

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In dem Buch "Der Donaukanal" sind zahlreiche Fakten, Anekdoten und Geschichten über die Entstehung und Entwicklung des 17 Kilometer langen Kanals gesammelt - mehr dazu hier.

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Schwimmanlagen oder Badeanstalten am Donaukanal plant die Stadt Wien in nächster Zukunft keine. Allerdings soll der Zugang zum Wasser wieder erleichtert werden.

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Gerade während einer Hitzewelle wie der jetzigen taucht immer wieder die Frage auf: Ist das Wasser im Donaukanal tatsächlich zu dreckig, um darin schwimmen zu können? Bernhard Engleder, Donaukanalkoordinator der Stadt Wien, hat zwar spontan keine aktuellen Daten zur Hand, verweist aber darauf, dass sich die Wasserqualität stets im Bereich zwischen Güteklasse II und III bewege. "Stufe II bedeutet unbedenklich, III ist nicht mehr unbedingt Badewasser-Qualität", erklärt Engleder: "Aber wir wollen am Donaukanal überhaupt keinen Badeplatz nach EU-Verordnung - denn ein solcher muss ganz speziellen Kriterien entsprechen."

Dabei hat Schwimmen entlang des 17 Kilometer langen Fließgewässers eine relativ lange und recht abwechslungsreiche Geschichte, aber dazu in Kürze. Auch heutzutage ist Schwimmen im Donaukanal nur im Bereich der Schiffsanlegestellen und der Schleuse am oberen Ende verboten - sonst ist Baden überall erlaubt. "Das liegt eben immer in der Verantwortung der jeweiligen Person", so Engleder, der auch Dienststellenleiter der MA 28 (Straßenbau) ist: "Das ist ähnlich wie beim Bergsteigen. Da kann man den Leuten auch nicht verbieten, auf einen bestimmten Berg zu gehen, nur weil es gefährlich ist."

Verwirbelungen als Unfallursache

Die größte Gefahr im Donaukanal lauere aber gar nicht so sehr in der zu hohen Verschmutzung, sondern in der relativ starken Strömung, wie Koordinator Engleder betont: "Eine Strömung von fünf km/h ist eher nur für geübte Schwimmer geeignet." Vor allem bei Bauten, die aus dem Wasser herausstehen oder knapp unter der Oberfläche liegen, könne es zu gefährlichen Verwirbelungen und in weiterer Folge zu schweren Unfällen kommen.

Allerdings könne sich Engleder an keinen schwereren Unfall in den vergangenen Jahren erinnern. "Es gibt zwar immer wieder Leute, die hineinspringen, aber geborgen werden muss nur ganz selten jemand", so Engleder. Auch das Problem von Illuminierten, die nach einer Partynacht in den Donaukanal stürzen würden, sei verschwindend. An einen besonderen Vorfall kann sich der Donaukanalkoordinator dann doch erinnern: Rund um die Fußball-EM 2008 sei ein Radfahrer im Bereich des Badeschiffs so abrupt ausgewichen, dass er in den Kanal stürzte und sich verletzte.

Strombäder und Schwimmbewerb "Quer durch Wien"

Besondere Geschichten über den Donaukanal hat auch Peter Payer aufgespürt. In dem heuer erschienenen Buch "Der Donaukanal - Die Entdeckung einer Wiener Stadlandschaft" präsentiert der Historiker und Stadtforscher gemeinsam mit Judith Eiblmayr (Architekturspezialistin) und Christiane Zintzen (Kulturkritikerin) die Entwicklung des innerstädtischesten Großgewässers von Wien. Neben zahlreichen geschichtlichen Fakten hat sich Payer auch recht intensiv mit dem Donaukanal als Bade- und Schwimmplatz beschäftigt.

"Es hat bereits in der Zwischenkriegszeit einen gewaltigen Boom am Donaukanal als Naherholungsgebiet gegeben", erklärt Payer, der hauptberuflich als Bereichsleiter im Technischen Museum Wien tätig ist. "Sowohl wildes als auch organisiertes Baden war populär, genauso fanden im Donaukanal Schwimmwettbewerbe statt." 

Donauregulierung hält Abwässer fern

Die erste öffentliche Einrichtung zum Baden sei bereits 1827 eröffnet worden, berichtet Payer: "Steinlein's Schiffbadeanstalt", nahe der heutigen Rotundenbrücke. 1838 sei ein Strombadeschiff am Schüttel hinzugekommen. An zusätzlicher Beliebtheit habe der Donaukanal im Zuge der großen Donauregulierung zwischen 1870 und 1875 gewonnen. Dass im Zuge dieser auch die Abwässer nicht mehr in den Kanal geleitet wurden, habe den Aufschwung klarerweise begünstigt.

So befanden sich an der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert  entlang des Donaukanals insgesamt fünf sogenannte Badeschiffe mit Strombädern: oberhalb der Augartenbrücke (früher Maria-Theresien-Brücke), unterhalb der Verbindungsbahnbrücke, oberhalb der Rotundenbrücke (früher Sophienbrücke), bei der Nußdorfer Schleusenanlage sowie bei der Stadionbrücke (früher Kaiser-Franz-Josefs-Brücke).

Tausende Badefreudige und Schaulustige

Wie Payer herausgefunden hat, haben sich alleine in der Badeanstalt bei der ehemaligen Sophienbrücke gleich im ersten Betriebsjahr über 40.000 Personen eingefunden. Ein noch viel größeres Spektakel stellte allerdings der Schwimmbewerb "Quer durch Wien" dar. Erstmals wurde der Wettkampf, bei dem von der Nußdorfer Schleuse bis zur Sophienbrücke geschwommen werden musste, im Jahr 1911 ausgetragen. Nach Unterbrechung aufgrund des Ersten Weltkriegs wurde das Spektakel 1919 wieder durchgeführt und soll gleich 250.000 Schaulustige angezogen haben, wie Payer schreibt.

Dieser Trend habe sich in den folgenden Jahren noch verstärkt. Jedoch sei der Boom zu Beginn der 1930er Jahre zusehends abgeflaut: Einerseits weil die Besucher gern "ein bisschen mehr Abwechslung gesehen" hätten, wie Payer erzählt, und andererseits weil "die antisemitischen Anfeindungen gegenüber jüdischen Sportlern zugenommen hätten". Der Wettbewerb sei daher nach Krems verlegt worden, wo er 1938 eingestellt wurde.

Donaukanal als Demarkationslinie

Die NS-Zeit und der Zweite Weltkrieg bedeuteten auch für den Donaukanal einen massiven Einschnitt. Durch die Nazipropaganda wurde der Fluss als Grenze zum "Judenbezirk Leopoldstadt begriffen", so Payer. "Die Bebauung jenseits des Kanals galt als 'minderwertig und veraltet'." Erst 1945 sei der Donaukanal als heftig umkämpfter Kriegsschauplatz wieder in den Mittelpunkt gerückt. Allerdings habe sich der Kanal als Freizeitanlage mitten in der Stadt von der geschichtlichen Schwere all dieser Ereignisse bis vor kurzem nicht erholt, ist sich Payer sicher.

Es gebe zwar noch aus den 1950er Jahren Fotos, auf denen man Leute beim Baden sieht, berichtet Payer. Über organisierte Bade- oder Schwimmanlagen hat der Stadtforscher bei seinen Recherchen allerdings nichts herausgefunden. "Ich würde es schon begrüßen, wenn der Donaukanal wieder Möglichkeiten zum Schwimmen bieten würde", bekennt Payer. "Man sieht ja auch heutzutage viele Leute, die am Ufer in der Sonne liegen."

Näher ans Wasser

Genau das wolle man auch fördern, sagt Donaukanalkoordinator Engleder von der MA 28: "Wir wollen die Leute schon wieder näher an das Wasser heranbringen, damit sie eventuell die Füße hineinhalten können - zum Beispiel im Bereich der Friedensbrücke." Für das Baden selbst sollen die Leute aber weiterhin die bereits etablierten Anlagen und Plätze, etwa an der Alten oder Neuen Donau, nutzen. Schließlich würde dort die Badewasserqualität in regelmäßigen Abständen geprüft.

Eine Überprüfung der Qualität des Donaukanalwassers gab es im Jahr 2011 übrigens noch keine: "Es wurde heuer keine Messung beauftragt", hieß es auf Anfrage von derStandard.at von Seiten der zuständigen Behörde, der MA 45 (Wasserbau), knapp. Aber im Prinzip komme das Wasser aus der Donau und habe daher eine vergleichbare Qualität, ergänzt Bernhard Engleder von der MA 28 - einzige Ausnahme: "Wenn bei Starkregen die Kanäle überlaufen, wird in den Donaukanal abgeleitet. Da ist dann auch Fäkalwasser dabei - aber das passiert nur ganz selten." (Martin Obermayr, derStandard.at, 26.8.2011)