Sollte die Freiheit nach 144 Jahren an ihr Ende gekommen sein? Von der Politik zu Fall gebracht? "Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei", stand im Staatsgrundgesetz von 1867, und die garantierte Lehr- und Lernfreiheit war der Republik so wichtig, dass sie bis heute verfassungsrechtlich abgesichert ist: "Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste." Realpolitisch aber schwebt diese Freiheit jetzt in höchster Gefahr.

Was meint diese Freiheit? Sie meint vor allem den Schutz vor Fremdbestimmung. Wissenschaft und Forschung brauchen einen Raum, wo sie ihren Job erledigen können: denken, forschen, lehren, lernen. Bilden und, ja, auch ausbilden. Das aber erfordert nicht nur ideelle und strukturelle Voraussetzungen, sondern hat auch mit finanzieller Sicherheit zu tun. Und die wird von Jahr zu Jahr prekärer.

Den Großteil der Lehre leistet ohnehin ein akademisches Prekariatsheer, von der Politik ignoriert. Diese beschränkt sich je nach Partei auf den Ruf nach oder die Abwehr von Studiengebühren und Zugangsregeln und kriegt nicht einmal mit, dass es bereits an die Substanz geht. Denn die Folge der Notwehrankündigung von Rektoren, ganze Studienrichtungen schließen zu müssen, wäre mehr als "nur" ein paar Fächer weniger. Das wäre ein politisch verschuldeter Kulturverlust: geistige Selbstenteignung, um wenigstens eine "Rest"-Uni zu erhalten. Das Ende der Universität. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2011)