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Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle stellt sich Journalisten-Fragen zur Lage in Syrien. Je früher der libysche Herrscher das Land verlasse, desto besser sei es, sagte er.

Foto: APA/EPA/Hanschke

Doch offenbar rechnet niemand mehr damit, dass es noch lange bis zu seinem Sturz dauern kann.

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Just an dem Tag, an dem sich die libyschen Rebellen nach Monaten bis in die Periphere der Hauptstadt Tripolis vorgekämpt haben, signalisiert das Nachbarland Tunesien Machthaber Muammar al-Gaddafi, dass es sich nicht mehr länger neutral verhalten will. Wie schon Frankreich, die USA und viele weitere westliche Staaten - darunter auch Österreich - erkannte auch die neue Regierung in Tunis den Übergangsrat der Rebellen im Nachbarland Libyen nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur TAP als "einzige legitime Vertretung der libyschen Bevölkerung" an.

TAP vermeldete die Nachricht unter Berufung auf das Außenministerium in Tunis. Das Nachbarland hat, gemeinsam mit Ägypten, die Hauptlast der aus Libyen stammenden Flüchtlinge zu tragen.

Die westlichen Regierungen hielten sich am Wochenende angesichts der zunächst sensationell, dann aber immer unklarer anmutenden Nachrichtenlage mit Kommentaren und Bewertungen noch zurück.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort und forderte Gaddafi einmal mehr zu einem schnellen Rückzug von seinem Amt auf. "Es wäre gut, wenn er möglichst schnell aufgibt, um Blutvergießen zu vermeiden" , sagte die Regierungchefin am Sonntag im ZDF-Sommerinterview.

Die deutsche Bundesregierung freue sich, so Merkel, dass Gaddafi seine Legitimation verloren habe. Die Regierung sei immer dafür gewesen, dass das libysche Volk genauso wie das tunesische seine Freiheit bekomme.

Gaddafi habe "mit seinem Krieg gegen das eigene Volk jede Legitimation verloren" , bekräftigte Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle mittlerweile bestens bekannte Äußerungen westlicher Politiker. "Jeder Tag, den Oberst Gaddafi früher das Land verlässt, ist ein guter Tag für Libyen und das libysche Volk." Deutschland werde dabei helfen, "dass in der Zeit nach Gaddafi auch gelingt, dass das Land eine gute und sichere und wirtschaftlich vernünftige Entwicklung nimmt" .

Deutschland hatte im Juli, als es turnusmäßig den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat führte, gefordert, das Ziel eines Machtwechsels in Libyen möglichst schnell über einen politischen Prozess zu erreichen. Deutschland hatte sich im März im UN-Sicherheitsrat ebenso wie Russland und China bei der Abstimmung über den Libyen-Militäreinsatz der Stimme enthalten.

"Realitätsverlust"

Auch in den Augen der britischen Regierung dürfte es mittlerweile zu einem Wendepunkt im Kriegseschehen gekommen sein. "Wir befinden uns an einem außerordentlich entscheidenden Punkt im Streben nach Freiheit für das libysche Volk" , sagte der Staatssekretär im britischen Außenministerium, Alistair Burt. Es sei klar geworden, dass Gaddafi die Realität nicht mehr richtig wahrnehmen könne. "Aber dass sich viele Menschen in seinem Umfeld von ihm lossagen und sich absetzen, weist darauf hin, dass zumindest diese Leute wissen, wie die Lage ist. Man kann nur hoffen, dass diese Botschaft nun auch bis zu Gaddafi selbst vordringt."

Die Nato verhielt sich - zumindest rhetorisch - an diesem kulminierenden Punkt der Geschehnisse auffällig zurückhaltend. Ein Sprecher der Allianz wollte nicht bestätigen, dass die Rebellen tatsächlich schon bis direkt vor Tripolis vorgestoßen seien. Die Lage verändere sich ständig, es sei schwer, den Frontverlauf zuverlässig zu bestimmen, hieß es.

Am Sonntag bombardierten Nato-Flieger nach Angaben des TV-Senders Al Jazeera Gaddafis massiv beschützten Militärkomplex inmitten der Hauptstadt. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2011)