New York - Das Strafverfahren gegen Dominique Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung in New York ist eingestellt. Richter Michael Obus folgte am Dienstag dem Antrag der Staatsanwaltschaft und beendete den Prozess. Die Anklagebehörde hatte bereits am Montag ihre Vorwürfe gegen den früheren Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezogen.

Unglaubwürdigkeit der Zeugin Ausschlag gebend

Grund für die erwartete Entscheidung waren Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers Nafissatou Diallo. Ein Berufungsgericht hat zusätzlich auch Diallos Berufungsantrag zurückgewiesen. Richter Michael Obus hatte der Frau zunächst die Möglichkeit einer Berufung eingeräumt, nachdem er dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte und den Prozess beendete.

In seiner Begründung des Antrags zur Klagseinstellung beschreibt der Oberstaatsanwalt Cyrus Vance die Hotelangestellte aus Guinea als "mehrfache Lügnerin". Da aber der Fall gegen den einst mächtigsten Banker der Welt mit der Aussage der einzigen Zeugin "steht und fällt", sehe er keinen anderen Weg, als die Anklage aufzugeben, schreibt Vance.

Das mache es der Staatsanwaltschaft unmöglich, die Anklage gegen Strauss-Kahn zweifelsfrei vor einer Jury zu vertreten. Unter anderem sei fraglich, ob das "Opfer" den angeblich unfreiwilligen Oralsex tatsächlich gegen ihren Willen und gewaltsam erzwungen durchführte. Die Zeugin sei sogar unter Eid von der Wahrheit abgewichen, räumt Vance ein.

Diallo erregte mit ihrer ersten Schilderung vom angeblichen Tathergang keinen Verdacht, verteidigt sich der Staatsanwalt. Bei weiteren Nachfragen habe sie dann aber bis zu drei verschiedene Versionen von wichtigen Details geliefert.

Endgütlig ad acta

Mit der Verfahrenseinstellung erhalte Strauss-Kahn auch seinen Reisepass umgehend zurück, sagte die Sprecherin der New Yorker Justiz, Arlene Hackel. Sie erklärte, die nächste Instanz habe das Gesuch umgehend aufgegriffen, um den Fall Strauss-Kahn endgültig zu den Akten legen zu können.

Schadenersatzklage

Trotzdem steht nun noch der Zivilprozess an. Diallo verlangt Schadenersatz. Dabei könnte DSK - wie der Franzose kurz genannt wird - auch in Abwesenheit zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Im Unterschied zum Strafprozess muss der Zweifel an der Schuld des Angeklagten für eine Verurteilung nicht vollständig ausgeräumt sein.

Keine Absicht zu zahlen

Die Anwälte des Franzosen sehen einer Zivilklage gelassen entgegen. Strauss-Kahn habe "keinerlei Absicht", der Klägerin Nafissatou Diallo Geld zu zahlen, sagte sein Anwalt Benjamin Brafman. Die Zivilklage werde wie das Strafverfahren "in sich zusammenfallen". Diallo habe "keinen Schaden erlitten", Strauss-Kahn sei "unschuldig", betonte der Anwalt in der Mittwochsausgabe der französischen Zeitung "Aujourd'hui en France/Le Parisien".

Dank an UnterstützerInnen

In einer Erklärung teilte Strauss-Kahn mit, er könne es kaum erwarten, nach Hause zurückzukehren. "Die vergangenen Monate waren für mich und meine Familie ein Alptraum", schrieb er. Er danke "allen Freunden in Frankreich und den USA, die an meine Unschuld geglaubt haben". Besonders dankte er "Richter Obus und seinen Mitarbeitern".

Mögliche Klage in Frankreich

Offen ist, ob der 62-jährige Strauss-Kahn in seiner Heimat Frankreich noch eine politische Zukunft hat. Er galt vor der Affäre als sozialistischer Hoffnungsträger für die Präsidentenwahl im kommenden Jahr. Nun droht Strauss-Kahn allerdings auch in Frankreich eine Anklage wegen sexueller Übergriffe. (APA/Ag.)