Günter Jaritz ist Inhaber von Social Media Consulting. Die Agentur hat ihren Sitz in Innsbruck.

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Das Thema "Saufbilder, die Netz kursieren" werde hochgespielt.

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"Keine Saufbilder? Kein Job!". So war vor kurzem ein Blog-Eintrag auf einem deutschen Portal betitelt. Was als vermeintliches Plädoyer eines Personalchefs zu öffentlichkeitswirksamen Jugendsünden daherkam, entpuppte sich als Satire. Welche Spuren man im Internet hinterlassen sollte und wie man sie wieder verwischt, erläutert Günter Jaritz, der mit seiner Agentur "Social Media Consulting" auf Online Reputation spezialisiert ist.

derStandard.at: Welche Kunden kommen zu Ihnen? Sind das Unternehmen oder Privatpersonen?

Jaritz: Quer durch die Bank. Das geht von größeren Unternehmen über Ein-Personen-Unternehmen, welche die Chancen des Internets und der sozialen Netzwerke für ihre Interessen nutzen wollen, bis zu Privatpersonen wie Politiker, Künstler oder auch Lehrlinge, die erkannt haben, dass das Thema auch in ihrem Bewerbungsprozess relevant ist.

derStandard.at: Spielt die Online Reputation bei der Bewerbung wirklich so eine große Rolle, wie es suggeriert wird?

Jaritz: Laut einer aktuellen Studie aus Deutschland informieren sich schon vier von zehn Unternehmen im Internet vorab über Bewerber. Über Google, Facebook, Xing etc. Im Jahr 2009 haben 25 Prozent der befragten Firmen angegeben, dass sie Bewerber aufgrund von Infos im Internet nicht eingeladen oder abgelehnt haben, 2010 waren es schon 38 Prozent. 2011 werden es wahrscheinlich bereits um die 50 Prozent sein.

derStandard.at: Wie gehen Sie konkret vor, wenn zum Beispiel ein Politiker den Auftrag gibt, seine Online Reputation unter die Lupe zu nehmen?

Jaritz: Der erste Schritt besteht darin, Suchmaschinen zu durchforsten. Das ist auch der normale Weg, wie User Informationen über diese Person finden. Weiters werden gezielt soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Xing durchsucht. Mit Hilfe von separaten Tools, die nur diese Netzwerke im Fokus haben. Dann werden die Ergebnisse analysiert.

derStandard.at: Wenn es keine Einträge gibt?

Jaritz: Finde ich nichts, ist das auch ein Ergebnis. Ohne Präsenz im Internet sollte man genauso was tun. Wenn es negative Einträge gibt, muss man versuchen, diese weg zubekommen. Indem man etwa Kontakt mit der Person aufnimmt, die dafür verantwortlich ist oder mit einer Online-Plattform, um den Eintrag löschen zu lassen.

derStandard.at: Zum Beispiel?

Jaritz: Ein aktueller Fall betrifft eine Person, über die immer ein negativer Bericht aufscheint, der allerdings schon sechs Jahre alt ist. Bei älteren Einträgen kann es kompliziert werden, da man oft niemanden mehr erreicht, der den Eintrag auf der Webseite löschen kann. Google macht das sowieso nicht. In solchen Fällen muss man zu anderen Mitteln greifen, um den Eintrag zumindest von der ersten Seite wegzubringen.

derStandard.at: Welche?

Jaritz: Zum Beispiel, indem man verstärkt Presseberichte über diese Person bringt und Seiten kreiert, wo der Name dieser Person vorkommt. Bei den Suchmaschinen muss man diese Berichte so weit vorne platzieren, dass der negative Eintrag nach hinten wandert. Eine Art Verdrängungsvariante.

derStandard.at: Welche Meldungen würde man hier lancieren?

Jaritz: Bei einem aktiven oder ehemaligen Politiker kann man über die aktuellen Tätigkeiten schreiben oder Berichte über die Vergangenheit bringen. Da geht es nur darum, den einen Eintrag auf Platz elf oder zwölf zu verdrängen. Was nicht auf der ersten Seite bei Google steht, ist eigentlich nicht mehr relevant. 50 Prozent der User sehen sich überhaupt nur die ersten drei Ergebnisse an.

derStandard.at: Und wenn es sich um keine prominente Person handelt? Es wird ja nicht so leicht möglich sein, einfach irgendwelche Meldungen irgendwo zu platzieren.

Jaritz: Es ist bei jeder Person, egal welcher Ausbildungsstand, Alter, Bekanntheitsgrad etc. möglich, die Online Reputation positiv zu beeinflussen. Hierfür muss man sich nur mit den Interessen, der Ausbildung und den Zielen einer Person auseinandersetzen. Nehmen wir zum Beispiel einen Lehrling der einen unerwünschten Beitrag bei der Google-Suche weiter nach hinten reihen will. Man könnte etwa ein professionelles Xing-Profil erstellen, Foreneinträge bei branchenspezifischen Diskussionsforen erstellen oder einen Kommentar in einem Blog eines Unternehmens, das für die weitere Karrierelaufbahn interessant ist, hinterlassen.

derStandard.at: Wie stehen die Chancen, wenn man bei Google selbst interveniert, um den Eintrag eliminieren zu lassen?

Jaritz: Google ist ein Riesenkonzern, niemand ist zu erreichen. Es gibt zwar ein Formular, über das man seinen Wunsch nach Löschung eines Eintrags deponieren kann. Hier muss man angeben, dass es nicht den Tatsachen entspricht. Wenn man es belegen kann, hat man eine Chance. Zum Beispiel mit Hilfe eines Gerichtsbeschlusses. Sonst ist es irrsinnig schwer, auch wenn es sich beispielsweise um rufschädigende Sachen handelt.

derStandard.at: Ohne Beweise werden von Google keine Einträge gelöscht?

Jaritz: Ja, denn der Kunde von Google ist ja nicht der Unternehmer oder der Politiker, sondern der Suchende - und der möchte so viele Informationen wie möglich erhalten.

derStandard.at: Wie gehen Sie vor, wenn Sie zum Beispiel einen vor fünf Jahren publizierten Artikel gelöscht haben wollen?

Jaritz: Der erste und unkomplizierteste Schritt ist, mit dem jeweiligen Medium Kontakt aufzunehmen und zu sagen, dass dieser Beitrag oder diese Äußerung nicht mehr aktuell ist oder in der Zwischenzeit widerlegt wurde. Mit der Bitte, den Beitrag zu entfernen, weil er kontraproduktiv für die weitere Karriere sein kann.

derStandard.at: Verhalten sich die Medien in Ihrem Sinne kooperativ?

Jaritz: In den meisten Fällen funktioniert es. Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es auch zurück. Wenn man auf einer vernünftigen Basis argumentiert, gibt es zumeist auch ein Entgegenkommen.

derStandard.at: Weigern sich Medien, Artikel zu löschen?

Jaritz: Bis jetzt ist das noch nicht vorgekommen. Das Problem ist vielmehr, dass man keinen mehr erreicht. Bei Portalen und Foren, wo jeder etwas reinschreiben kann, stellt zwar das Medium die Plattform zur Verfügung, ist aber nicht für die Inhalte verantwortlich und kann auch nicht darauf zugreifen. Nur der Verfasser des Artikels hat das Copyright und wenn die Aussage nicht belegbar falsch ist, wird sie auch nicht entfernt. Die meisten sind ja auch anonym unterwegs, weil sie unter Preisgabe ihres richtigen Namens ja nicht über andere schimpfen wollen.

derStandard.at: Was dann?

Jaritz: Da hat man keine Chance und muss damit arbeiten, dass man den Artikel von der ersten Seite der Suchergebnisse weg bekommt.

derStandard.at: Wie ist es in Foren? Reagiert man da gezielt mit Postings, um eine Person oder ein Unternehmen in ein besseres Licht zu rücken?

Jaritz: Wenn es unter dem Artikel ein Forum gibt, wird man hier natürlich reagieren. Das Problem ist natürlich eher der Artikel selbst, da die Kommentare dazu ja nicht immer mitgelesen werden.

derStandard.at: Wann muss man Ihrer Meinung nach auf Berichte reagieren?

Jaritz: Eine große Angriffsfläche bietet zum Beispiel die Gastronomie. Hotels oder Restaurants, wo die Bedienung oder das Essen nicht gepasst haben, sind natürlich Zielscheiben von Kritik. Viele haben vor einer Feedbackmöglichkeit via Homepage oder Facebook Angst, weil sie befürchten, negative Kommentare zu erhalten. Die bekommen sie aber sowieso, sonst eben auf einer anderen Plattform. Besser ist es, Kommentare auf der eigenen Seite zu kanalisieren, um entsprechend darauf eingehen zu können. Dann kann man sich zum Beispiel auch entschuldigen oder in irgendeiner Form eine Art von Entschädigung anbieten. Reklamationen kann man in positive Meldungen umwandeln.

derStandard.at: Wie verhält es sich mit Bewertungsplattformen?

Jaritz: Auch hier müssen Unternehmen aktiv sein, um auf Kritiken reagieren zu können. Auf einzelne negative Kommentare soll man auch im Namen des Hotels eingehen.

derStandard.at: Als Lokal kann man sich ja unter einem Pseudonym zu guten Kritiken verhelfen?

Jaritz: Firmen sollten hier absolut transparent, also mit dem eigenen Namen, agieren. Ist das nicht der Fall, kommt das irgendwann ans Licht. Es hat Hotels gegeben, die sich selbst gut bewertet haben, was dann publik geworden ist, weil etwa ein ehemaliger Mitarbeiter ausgepackt hat. Der Imageschaden ist enorm. Authentizität muss gegeben sein.

derStandard.at: Saufbilder, die im Netz herumgeistern und Jobanwärtern zum Verhängnis werden, sind oft ein Thema, wenn es um Online Reputation geht. Ist das wirklich ein Problem?

Jaritz: Das wird ziemlich hochgespielt. Junge Menschen sind in der Lage, die Sicherheitseinstellungen - etwa auf Facebook - so einzustellen, dass diese Bilder nicht allen zugänglich sind. Die sind mit dem Medium aufgewachsen und haben einen professionellen Umgang damit.

derStandard.at: Wo orten Sie bei Jugendlichen Probleme?

Jaritz: Das größere Thema sind Einträge und Formulierungen. Es wird viel zu viel in Mundart geschrieben, nicht auf die Groß-und-Kleinschreibung sowie auf die Rechtschreibung geachtet. Die Gefahr ist, dass man sich hier zu leger präsentiert. Facebook ist für viele privat und dementsprechend sollte es auch für andere nicht sichtbar sein. Man kann zum Beispiel auf seinem Facebook-Profil auf jenes bei Xing hinweisen, wo es um eine professionelle, berufliche Präsentationsbühne geht. Mit entsprechendem Foto, tadelloser Rechtschreibung, dem Engagement, den Karrierezielen etc. Das heißt eine private Welt auf der einen Seite und eine berufliche Welt auf der anderen Seite. (Oliver Mark, derStandard.at, 31.8.2011)