Neu-Delhi - Die indische Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Arundhati Roy hat scharfe Kritik an dem in einen Hungerstreik getretenen Bürgerrechtler Anna Hazare geübt. "Während seine Mittel wie die von (Mahatma) Gandhi sein mögen, sind es Anna Hazares Forderungen sicherlich nicht", schrieb Roy in einem Kommentar, den die Zeitung "The Hindu" am Montag veröffentlichte. Zwar habe Hazare Recht damit, dass das Anti-Korruptionsgesetz der indischen Regierung so mangelhaft sei, "dass es unmöglich ist, es ernst zu nehmen". Hazares Forderung nach einem allmächtigen, für ganz Indien zuständigen Ombudsmann zur Bekämpfung der Korruption sei aber ebenfalls bedenklich.

"Es wird wie eine unabhängige Regierung funktionieren, dazu vorgesehen, der aufgeblähten, unverantwortlichen, korrupten Regierung entgegenzutreten, die wir schon haben. Zwei Oligarchien statt einer", warnte Roy, die durch ihren bisher einzigen Roman "Der Gott der kleinen Dinge" 1997 weltbekannt wurde, sich seitdem aber hauptsächlich auf politische Essays und Aktivismus verlegt hat. Zugleich prangerte sie den "aggressiven Nationalismus" von Hazares Bewegung an. "Sie signalisieren uns, dass wir keine 'echten Inder' sind, wenn wir den Hungerstreik nicht unterstützen", schrieb Roy. Sie stelle sich aber die Frage: "Wer ist er wirklich, dieser neue Heilige, diese Stimme des Volkes?"

Der 74-jährige Hazare war am Dienstag vergangener Woche in den Hungerstreik getreten. Mit seiner Aktion will er ein strikteres Anti-Korruptions-Gesetz durchsetzen. In den vergangenen Tagen gingen Hunderttausende Menschen in ganz Indien auf die Straße, um ihre Unterstützung für Hazare zu bekunden und gegen Korruption zu protestieren. Die größten Proteste in dem Land seit mehr als 30 Jahren hatten die Regierung von Ministerpräsident Manmohan Singh unter massiven Druck gesetzt. (APA)