Beirut/Damaskus - Nur Stunden nachdem der syrische Präsident Bashar al-Assad Rücktrittsforderungen des Westens als "wertlos" bezeichnete, wurden nach Angaben von Menschenrechtlern erneut Regimegegner getötet. Shabbiha-Milizen, die Assad die Treue halten, hätten bei Feiern in der Stadt Masjaf mindestens zwei Milizen erschossen.

Am Sonntagabend hatte der Präsident in seiner ersten Fernsehansprache seit Mitte Juni den Westen vor einem militärischen Eingreifen gewarnt: Jedes Vorgehen hätte größere Auswirkungen, als die Angreifer schultern könnten, sagte der wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Opposition international weitgehend isolierte Staatschef in einem Interview im Staatsfernsehen. Sein Land habe größere Kapazitäten zur Abwehr als angenommen.

Syrien grenzt an Israel, den Libanon, den Irak, die Türkei und Jordanien und ist zudem mit dem Iran verbündet, was Experten als einen der Gründe ausmachen, warum der Westen - anders als in Libyen - vor Militärschlägen zurückschreckt. US-Präsident Barack Obama und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatten am Donnerstag erstmals explizit den Rücktritt Assads gefordert. Andere EU-Länder wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien zogen kurz darauf nach.

Derartige Forderungen dürften sich "nicht an einen Präsidenten richten, der vom syrischen Volk gewählt wurde und der nicht vom Westen eingesetzt wurde", zeigte sich Assad während des Fernsehauftritts entschlossen. Seine Regierung werde nicht stürzen, erklärte er. Zu den verschärften EU-Sanktionen sagte er, Syriens Wirtschaft würde sich vermehrt nach Osten orientieren und hätte Alternativen zu Europa. Diplomaten zufolge will die EU am Dienstag weitere Sanktionen gegen Syriens Ölsektor verkünden.

Die Proteste der Oppositionellen bezeichnete Assad als Ausdruck eines Übergangsprozesses. Die Probleme müssten politisch gelöst werden. Er kündigte eine Verfassungsreform und Parlamentswahlen für Februar 2012 an. Auch andere Parteien sollen ab der kommenden Woche, neben seiner Baath-Partei, zur Teilnahme am Wahlkampf zugelassen werden. Oppositionelle hatten ähnliche Reformankündigungen in der Vergangenheit mit der Begründung zurückgewiesen, es können keinen Dialog geben, solange auf Demonstranten geschossen würde. Seit März sollen mehr als 2000 Menschen von Assads Soldaten und Milizen getötet worden sein. (red)