Berlin/Wien - Heimlich unter der Schulbank oder mit der Taschenlampe unter der Bettdecke - so lasen viele Kinder einst ihre geliebte, vom mühsam angesparten Taschengeld selbst gekaufte "Micky Maus". Comics galten als "Schundhefte". Dieser Vorwurf traf auch Herrn Maus, als am 29. August 1951 in Österreich (zeitgleich mit Deutschland und der Schweiz) das erste "Micky Maus Magazin" erschien.
Von "Analphabeten-Lektüre" ...
Die bunten Bildergeschichten mit den Sprechblasen wurden als "anspruchslose Hefte für Analphabeten" geschmäht, die zu "Verblödung", einer "völligen Verflachung des Verstandes" und "Gefühlsverrohung" führen würden. Sogar gerichtlich sollte "Micky Maus" verboten werden.
60 Jahre später kennt fast jeder die Abenteuer von Micky, Donald, Pluto, Dagobert, Daniel Düsentrieb, den Panzerknackern und all den anderen Bewohnern von Entenhausen. "Generationen von Kindern haben mit der "Micky Maus" lesen gelernt", sagt "Micky Maus"-Chefredakteur Peter Höpfner. Bis heute wurden 1,2 Milliarden Hefte verkauft. Das Geschäft mit dem wöchentlich erscheinenden Magazin sei stabil, heißt es beim Egmont Ehapa Verlag in Berlin. Eine gut erhaltene "Micky Maus"-Erstausgabe hat inzwischen einen Sammlerwert von rund 13.000 Euro.
... bis zum "Erikativ"
Über die Sprachschöpfungen, Übersetzungen und Literaturanspielungen von Erika Fuchs ("Dem Ingeniör ist nichts zu schwör"), der ersten "Micky Maus"-Chefredakteurin, wurden wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben. Ihr "Erikativ", der Verben auf ihren Wortstamm reduzierte, fand als "Grummel", "Ächz", "Würg" und "Bibber" Eingang in die Alltagssprache. Bis heute vermeiden die "Micky-Maus"-Macher Anglizismen. Auf "sauberes, bestmögliches Deutsch" werde Wert gelegt, so Höpfner.
Anfangen hat alles mit drei Kreisen. In den USA entwickelten Walt Disney und der Zeichner Ub Iwerks einen runden Kopf mit zwei runden Ohren und erfanden damit Micky Maus. 1948 erwarb der dänische Egmont Verlag die Rechte an der Veröffentlichung von Disney-Comics für Skandinavien und die deutschsprachigen Länder. Bis heute ist die Comic-Zentralredaktion in Kopenhagen. "Die Zeichner und Autoren sitzen in aller Welt", erklärt Höpfner. Auch in der 2906. Ausgabe ist noch jedes Bild von Hand gemalt.
Der eigentliche Star
Der mit Abstand beliebteste Einwohner von Entenhausen ist in den meisten Ländern allerdings nicht Micky, sondern Donald Duck. "Micky ist ein toller Kerl. Er weiß alles, ihm gelingt alles. Aber manchmal ist er ein bisschen streberhaft. Donald dagegen ist nichts Menschliches fremd, er hat unter seiner Matrosenbluse das Herz auf dem richtigen Fleck", sagt Höpfner. "Er ist einer von uns. Deshalb ist uns der Erpel schlicht und einfach näher." (APA/red)