Wien - Die Gewerkschaft vida hat heute den jüngsten Arbeitsklimaindex Tourismus 2011 mit einem Gesundheitsmonitor präsentiert und eine Verbesserung der Arbeits- und Einkommenssituation der Beschäftigten im Beherbergungs- und Gastgewerbe gefordert. Beschäftigte im Tourismus sind laut der vom Meinungsforschungsinstitut IFES im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich (AKOÖ) durchgeführten Umfrage generell unzufriedener als Beschäftigte in anderen Branchen und leiden stärker unter berufsbedingten Gesundheitsproblemen wie Rücken-, Kreuz- und Beinschmerzen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft vida, Rudolf Kaske, appellierte am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien an den Sozialpartner auf Arbeitgeberseite, bei den nächsten Kollektivvertragsverhandlungen die von der Gewerkschaft geforderten 1.300 Euro Mindestlohn (brutto) auch im Tourismus endlich zu verwirklichen. Während dies bei den Fassaden- und Gebäudereinigern für Putzkräfte schon gelungen sei, liege der Mindestbruttolohn für Stubenmädchen in Österreich immer noch erst bei knapp über 1.200 Euro. Auch im Handel ist der 1.300-Euro-Mindestlohn bereits umgesetzt.

Klagen übers Gehalt

Besonders auffällig ist für den Gewerkschafter die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer im Tourismus mit ihrer Einkommenssituation: 51 Prozent der Befragten kommen laut Umfrage mit ihrem Einkommen gerade so über die Runden, 14 Prozent der Beschäftigten gaben an, von ihrem Einkommen nicht leben zu können. In anderen Sektoren können nur 7 Prozent der Befragten ihre Bedürfnisse durch das Einkommen nicht decken. Die Existenzsicherung sei für die Beschäftigen oft schwer, resümiert Kaske. Besonders Frauen müssten häufig mit wenig Einkommen und ohne Karrierechancen arbeiten. Untypisch sei auch, dass bei den Tourismus-Beschäftigten die Einkommenszufriedenheit mit zunehmendem Alter abnehme, während in anderen Branchen der gegenteilige Effekt der Fall sei.

Die größere Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeitssituation zeige sich auch bei den im Tourismus weit stärkeren "Fluchttendenzen", erläuterte Kaske. Die Bindung zum eigenen Unternehmen bzw. zur Branche sei weit geringer als in anderen Sektoren. So streben 20 Prozent der Befragten einen Firmenwechsel an, 18 Prozent wollen sogar ihren Beruf ganz wechseln. Einen möglichen Aufstieg in der eigenen Firma sehen nur 11 Prozent gegenüber 15 Prozent in sonstigen Branchen. Die Arbeitsunzufriedenheit sei bei sehr kleinen und großen Tourismus-Betrieben (bis zu 4 und über 100 Arbeitnehmer) größer als bei mittleren Betrieben, wo offenbar auch mehr Flexibilität möglich sei.

"Innovationsstress"

Besser schneidet der Tourismus laut Arbeitsklimaindex beim Thema "Innovationsstress" ab, die Beschäftigten fühlen sich im Schnitt weniger durch Innovationen belastet. Auch die Einschätzung der eigenen Arbeitsmarktchancen fällt im Tourismus recht günstig aus, wobei hier die Jüngeren für sich am Arbeitsmarkt wesentlich bessere Chancen sehen als die Gruppe der über 45-Jährigen. Rund 180.000 Menschen arbeiten in Österreich im Jahresschnitt im Tourismus. Die Krise sei aber noch nicht überwunden, warnt Kaske, die Arbeitslosigkeit im Tourismus betreffe immer noch um 4.000 Personen mehr als im Jahr 2008.

Der Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Sepp Schellhorn, sieht hingegen positive Aussichten für den Tourismus und sichere Jobs für die Beschäftigten. Schwarze Schafe gehörten bekämpft, er wende sich sich aber gegen eine "undifferenzierte Miesmache", so Schellhorn in einer Aussendung.

Gesundheit

Beim Thema Gesundheit zeigen sich laut Umfrage deutlich mehr berufsbedingte Beschwerden der Beschäftigten im Tourismus: Kreuz- und Rückenprobleme seien hier nach Angaben der Befragten zu drei Viertel auf die Arbeit zurückzuführen, während in anderen Sektoren nur 58 Prozent derartige Beschwerden mit ihrer Arbeitssituation in Zusammenhang bringen. Bei den über 45-Jährigen klagen im Tourismus 59 Prozent über Schmerzen in den Beinen, zwei Drittel der Befragten mit Beschwerden führen diese auf die Arbeitssituation zurück. Von Kreuz- und Rückenschmerzen sowie Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich sind 70 bzw. 74 Prozent im Tourismus betroffen, sieben von 10 der Befragten mit Beschwerden führen dies auf den Job zurück.

Der Tourismus sei eine junge Branche, im Durchschnitt seien die Beschäftigten weit jünger als in der Gesamtwirtschaft. Dies werde sich aber parallel zur demografischen Entwicklung ändern müssen, erwartet Kaske: Die Arbeitgeber sollten sich daher gemeinsam mit der Gewerkschaft um altersgerechte Arbeitsplätze bemühen. Auch gemeinsame Initiativen zur Prävention, wie Rücken-Fit-Programme, kann sich Kaske vorstellen. (APA)