Bild nicht mehr verfügbar.

Mit einem Entgiftungs-Striptease entledigen sich die Teilnehmer dieser Protestaktion ihrer "vergifteten" T-Shirts.

Foto: AP

Bei zwei Dritteln der 78 Produkte wurde das Limit überschritten.

***

Wien - Die Umweltorganisation Greenpeace fand in einer am Dienstag weltweit veröffentlichten Studie Spuren von giftigen Chemikalien in Kleidungsstücken. Der Report unter dem Titel "Schmutzige Wäsche: Zum Trocknen aufgehängt" setzt eine ähnliche Untersuchung von Mitte Juli 2011 fort. Die Organisation testete diesmal in 18 verschiedenen Ländern Kleidungsstücke von insgesamt 15 Markenherstellern, darunter auch in Österreich.

Gesucht wurde nach Nonylphenolethoxylat, kurz NPE, einer Chemikalie, die beim Produktionsprozess der Textilien entsteht und schwere Umweltschäden verursachen kann. Das Ergebnis gibt zu denken, denn von den 78 getesteten Kleidungsstücken wurde bei zwei Dritteln die schädliche Substanz nachgewiesen. Bei den Produkten, unter denen sich Markennamen wie Adidas, Nike und H&M befinden, blieb lediglich GAP ohne Beanstandung. Aus Österreich wurden insgesamt vier Stücke gekauft und getestet. Zwei davon, je ein T-Shirt von Kappa und Nike, wiesen einen NPE-Wert über dem kritischen Wert von einem Milligramm pro Kilogramm Material (mg/kg) auf.

Schadstoff im Trinkwasser

Das Problem an den Inhaltsstoffen ist, dass sie beim Waschen der Kleidung in den Wasserkreislauf gelangen können. Dort zerfällt NPE in giftiges Nonylphenol, das eine hormonelle Wirkung aufweist. Somit können Fische und andere Wasserlebewesen in ihrer Entwicklung geschädigt werden. Selbst Kläranlagen können NPE laut dem Bericht nicht ausreichend herausfiltern. Durch das vergiftete Abwasser sei auch das Trinkwasser belastet, und damit könnten auch Schäden für den Menschen entstehen. Unmittelbar beim Tragen der Kleidung kann allerdings nichts passieren. Noch nicht genau geklärt ist die Frage, ob die Stoffe nur bei der ersten oder bei jeder Wäsche freigesetzt werden.

Jetzt werden die Reaktionen der Kleidungshersteller abgewartet. Der erste Bericht untersuchte die Auswirkungen der Jeansherstellung auf das Trinkwasser in China. "Nach dem ersten Report haben sich Puma und Nike dazu verpflichtet, bis 2020 auf diese Substanzen zu verzichten, und haben dazu einen entsprechenden Managementplan veröffentlicht. Das fordern wir auch von den anderen Firmen", sagt Claudia Sprinz, Konsumentensprecherin von Greenpeace. Schockierend sei, dass Konsumenten durch das Waschen der Kleidung unwissentlich die heimischen Flüsse vergiften.

Die H&M-Zentrale in Stockholm stellte am Dienstag in einer offiziellen Aussendung klar, die von Greenpeace gefundenen Werte seien immer noch unter dem eigens gesetzten Wert von 100 mg/kg. Bereits seit 2009 habe man sich dazu entschlossen, NPE aus den Produkten zu verbannen, bei den Tests sei eine Grenze von null mg/kg aber nicht seriös. Von anderen Herstellern gab es keine inhaltliche Stellungnahme.

Für Sprinz ist ein Boykott der Produkte nicht die richtige Lösung: "Sonst müsste man von heute auf morgen nackt herumgehen. Die Konsumenten sollten aber direkt im Geschäft Infos verlangen und einen Brief oder ein E-Mail an ihre Lieblingsmarke senden. Kommt erst einmal dieser Druck von den Konsumenten, ändern die Hersteller auch etwas." Die Sache sei ein globales Problem, das einen grundlegenden Wandel erfordere.

In der Europäischen Union darf NPE seit 2003 nur stark eingeschränkt verwendet werden. Es darf nicht in einer Konzentration von mehr als 0,1 Prozent oder 1000 mg/kg in Umlauf gebracht werden. Probleme gibt es aber bei Importprodukten aus Drittstaaten. (Clemens Triltsch, DER STANDARD, Printausgabe, 24.8.2011)