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Nida-Rümelin ist gegen Studiengebühren als Mittel zur Finanzierung der Hochschulen, "weil das eine soziale Verzerrung nach sich zieht".

Foto: AP Photo/Daniel Maurer

Wien/Alpbach - Julian Nida-Rümelin, ehemaliger deutscher Kulturminister und Philosoph, plädiert für einen Hochschul-Ausgleichsfonds innerhalb der EU. Er sei zwar für die Mobilität von Studenten, betonte er. Wenn es aber in einzelnen Länder zu einem Ansturm von Studenten aus Nachbarländern komme, müsse man steuern. "Es kann natürlich nicht sein, dass Österreich unter Fehlentwicklungen in Deutschland leidet", so der Leiter der SPD-Grundwertekommission beim Fachhochschulforum im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach einen Vortrag über "Alte Ideale und neue Herausforderungen in der Hochschulbildung" hält.

Eine europäische Lösung könnte sich aus Nida-Rümelins Sicht an einem Vorschlag orientieren, den das Land Berlin für Deutschland gemacht habe, weil es "mit einem äußerst klammen Haushalt" das Studium einer großen Zahl von Studenten aus anderen Bundesländern mitfinanziert. Das SPD-regierte Land habe deshalb die Einrichtung eines bundesweiten Finanzpools vorgeschlagen, in den die einzelnen Länder Mittel einzahlen, die dann je nach der Zahl der Studenten verteilt werden. "Einen Ausgleichsfonds, der diese Disparitäten ausgleicht, kann man sich natürlich auch auf europäischer Ebene vorstellen", sagt Nida-Rümelin, der eine Professur für Philosophie und Politische Theorie an der Uni München inne hat.

Gegen Studiengebühren

Dabei ist er gegen Studiengebühren als Mittel zur Finanzierung der Hochschulen, "weil das eine soziale Verzerrung nach sich zieht". Auch Zugangsbeschränkungen wie den in Deutschland verbreiteten - und angesichts der Zunahme an Studenten durch die doppelten Abitur-Jahrgänger ab Herbst noch häufiger eingesetzten - Numerus Clausus lehnt er prinzipiell ab. Bei zu starker Nachfrage, die kurzfristig nicht befriedigt werden könne, müsse aber über Numerus Clausus oder Ähnliches gesteuert werden. "Das ist nicht erfreulich, nicht wünschenswert, aber oft einfach unvermeidlich."

Mittel- und langfristig würde er sich allerdings wünschen, dass die Unis so stark ausgebaut werden, dass es keine Steuerung braucht. Immerhin sei der prozentuale Anteil am Budget, der für Bildung in Deutschland oder in Österreich ausgegeben wird, ziemlich gering - erst recht, wenn man die Größenordnung etwa mit jenen "erstaunlichen Mitteln" vergleiche, die trotz aller ökologischen Belastungen jedes Jahr in den Straßenverkehr investiert würden. "Realistisch muss man aber sehen, das wird sich von heute auf morgen nicht machen lassen."

Universität im Sinne Humboldts

Neben der Unterfinanzierung und der daraus folgenden Notwendigkeit, Studien zu beschränken, kritisiert Nida-Rümelin auch die Abkehr der Politik von der humanistischen Universitätsidee. In seinem Vortrag plädierte er für eine Rückkehr zu einer Universität im Sinne Humboldts, bei der die Persönlichkeitsbildung und das Erlernen kritischen Denkens im Zentrum steht.

Er warnt dabei vor allem vor der Tendenz, dass Unis vermehrt wie mittelständige Unternehmen verwaltet werden. "Die Vorstellung, dass ein Vorstandsvorsitzender die Grundlinien der Forschung festlegen kann, ist völlig abwegig und auch nicht vereinbar mit der Freiheit von Forschung und Lehre." Stattdessen sollten die Studenten mehr Mitspracherecht bekommen, deren Zukunft immerhin von der Qualität und Ausrichtung der Inhalte abhänge.

Auch die von ihm beobachtete inhaltliche Verengung und Spezialisierung an den Unis im Zuge des Bologna-Prozesses kritisiert Nida-Rümelin. Diese laufe nicht nur den Wünschen der Wirtschaft nach flexibel einsetzbaren, urteilsfähigen Mitarbeitern zuwider. (APA)