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In den meisten Staatskassen herrscht derzeit gähnende Leere. Nun heißt es eifrig "rechnen", wie sich das ändern könnte.

Foto: Ap/Ho

Alexander Dill ist ein Mann mit einer Mission. Dem Deutschen mit Schweizer Arbeitsstätte sind die Schuldenberge der Staaten ein Dorn im Auge. Unglücklich ist er aber auch mit den Rezepten, mit denen die Gesundung der staatlichen Haushalte nach Meinung führender Ökonomen bewerkstelligt werden soll.

Und so hat Alexander Dill auch einen Plan ausgeheckt. Der Soziologe, Philosoph und Chef des alternativen Basler Instituts für Gemeingüter und Wirtschaftsforschung "arbeitet" derzeit an einer Entschuldung der Bundesrepublik Deutschland. Sein Vorschlag, wie sich Deutschland mit einem Schlag seines Billionen-Euro-Problems entledigen könnte und den Euro damit gleich mitretten würde, sieht eine radikale Soforttilgung vor. Und zwar über eine Vermögensabgabe. Allein die "Abschöpfung" der Vermögenszuwächse der letzten zehn Jahre würde ausreichen, um die Staaten zu entschulden, ist Dill felsenfest überzeugt. Auf weniger Begeisterung stößt er mit seiner Radikalkur im Wirtschaftseck: "Die Ökonomen behaupten ja, dass eine Vermögensabgabe die Wirtschaft tötet."

Hauptlast für Vermögende

Für Deutschland sieht Dills Modell jedenfalls Folgendes vor: Weil das private Nettovermögen der Deutschen nach Dills Berechnungen bei 8,2 Billionen Euro liegt, kämen 1,7 Billionen Euro durch eine Abgabe in Höhe von gut 20 Prozent zusammen. Diese müsste auf jeglichen Besitz erhoben werden - vom Festgeldkonto über das Aktiendepot bis zur Immobilie. Weil den reichsten zehn Prozent der Deutschen gut 60 Prozent des gesamten Vermögens gehören, würden sie die Hauptlast schultern. Bund, Länder und Gemeinden würden mehr als 60 Milliarden Euro pro Jahr an Zinszahlungen sparen. In der Folge könnten die Steuern und Sozialabgaben drastisch sinken. Die Vermögenden würden im Gegenzug von sinkenden Zinslasten und den so geschaffenen Möglichkeiten zu Steuersenkungen und Investitionen entschädigt werden. Und außerdem: "Aktienbesitzer erleben es ja auch, dass ihre Aktie um 20 Prozent sinkt. Nichts anderes geschieht bei der Tilgung der europäischen Staatsschulden."

Angst um die Wählerstimmen

Eine Idee, die durchaus auch in der Alpenrepublik funktionieren könnte, findet Dill. "Es wäre ein unbedingtes Ziel, dass das in Österreich auch geschieht." Selbst wenn die Republik momentan niedrige Zinsen zahlt, belastet eine Schuldenquote von etwa 75 Prozent in den nächsten Jahren das Budget mit rund neun Milliarden Euro an Zinslast per annum. Die rot-weiß-roten Schulden (rund 212 Milliarden Euro, davon entfallen 179 Milliarden auf den Bund, der Rest auf Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger) könnten in nicht mehr als zehn Jahren zur Gänze zurückgezahlt werden, so der Mann. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei rund 22.000 Euro. Das Privatvermögen bei etwa 101.010 Euro. Das Privatvermögen sei hierzulande von 2000 bis 2010 um 42,75 Prozent gestiegen. Dill ortet - wenn auch verhaltenes - alpenländisches Interesse an seinen Ideen. "Mich haben schon einige Leute aus Österreich angerufen. Allerdings gibt es auch maßgebliche Kreise, die die Diskussion verhindern wollen. Vor allem in der SPÖ, denn dort hat man Angst, Wählerstimmen zu verlieren."

Beitrag geleistet

Alexander Dill hat übrigens seinen Teil zum Abbau des deutschen Schuldenbergs bereits geleistet. Am Schalter der Sparkasse Landsberg-Diessen. Die erste Rate zur Tilgung der deutschen Staatsschulden hat er auf das Konto 860 010 30 der Deutschen Bundeskasse in Halle an der Saale, BLZ 860 000 00, eingezahlt. (siehe: An der Tilgungsfront). Das Tilgungskonto ist ein Sonderkonto in der Bundeskasse der deutschen Regierung. "Für die erste Zahlung über 15.000 Euro gab es eine Bestätigung der Bundeskasse. Die versichern uns, dass diese Gelder unmittelbar in den so genannten Schuldenhaushalt eingestellt werden." Die Debatte gestalte sich bei den Nachbarn allerdings etwas zäh, "weil die deutsche Regierung ebenso wie die österreichische auf dem Standpunkt steht, dass schon eine Reduzierung der Neuverschuldung eine Tilgung sei. Die Gelder, die wir einzahlen, vermindern natürlich die Neukreditaufnahme. Aber in Deutschland weigert man sich überhaupt, unsere Zahlung in den Berichten mitaufzunehmen. Das schwimmt jetzt gewissermaßen unbilanziert herum und ist ein Politikum." (Regina Bruckner, derStandard.at, 24.8.2011)