Falls Sie zu den Glücklichen gehören, die ihren Sommerurlaub noch vor sich haben und planen, diesen im Ausland zu verbringen, so werden Sie heuer möglicherweise mit einer unangenehmen Überraschung konfrontiert. War man bislang mit dem in der jeweiligen Landessprache eingelernten Satz "Ich bin nicht aus Deutschland, ich bin aus Österreich" auf der sicheren Seite, könnte es nun passieren, dass diese Phrase ihre Sympathie garantierende Wirkung ein wenig eingebüßt hat.

Dabei wurden wir von höchster Stelle gewarnt. Außenminister Spindelegger persönlich war es, der sich rechtzeitig vor Ferienbeginn als Reaktion auf die bei einer Brüssler Pressekonferenz gestellten Fragen nach dem Verhältnis österreichischer Politiker zur Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers gegen das Führen heimischer NS-Debatten im Ausland aussprach. Damit hatte der Vizekanzler die Anti-Nestbeschmutzer-Argumentation empörter FPÖ-Mandatare übernommen. Umso verwunderlicher ist es, dass seine Mahnung ausgerechnet von Heinz-Christian Strache aufs Sträflichste ignoriert wurde. Aus dem spanischen Ibiza verkündete er den Ausschluss seines Parteikollegen Königshofer, mit dem Verweis auf dessen aus "braunem Ruß" bestehenden Freundeskreis.

Danke vielmals, ein Österreich-Vernaderer mehr, der glaubt, heimische Nazis im Ausland thematisieren zu müssen. Dieses wird sich wie immer begierig auf das seit Thomas-Bernhard-Zeiten gepflegte Klischee stürzen, und so darf es uns nicht wundern, wenn der eingangs zitierte Touristenspruch heuer vielleicht so beantwortet wird: "Aus Österreich? Von dort, wo ein Gericht festgestellt hat, dass ein Parlamentsabgeordneter eine Neonazi-Website mit Material beliefert hat, auf der Judenmord gutgeheißen und der Holocaust geleugnet wird? Von dort, wo dieser Abgeordnete vom Dritten Nationalratspräsidenten verteidigt wird, der selbst Mitglied einer rechtsextremen Verbindung ist, von der ein Liedermacher eingeladen wurde, der ,Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bei sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an, mit sechs Millionen Juden ist noch lange nicht Schluss' singt? Von dort, wo dieser Dritte Nationalratspräsident eben erklärt hat, er möchte nach der nächsten Wahl Erster Nationalratspräsident werden? Das ist tatsächlich etwas ganz anderes, als wenn man aus Deutschland kommt, denn dort wären solche Politikerkarrieren vollkommen unmöglich."

Bevor man jetzt Gegenargumente à la "Stimmt leider alles, aber besagte Politiker behaupten, in Wirklichkeit Deutsche zu sein" vom Stapel lässt, scheint es aussichtsreicher, eine Neuinterpretation der Causa "Strache gegen Königshofer" als religiösen Konflikt zu versuchen. Am besten mit dem Verweis auf ein Zitat Königshofers: "Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes." Ein Satz, der bei seinem frisch gefirmten Parteichef auf empörten Widerspruch stoßen musste, denn die Vorstellung eines Gottes, der nur zu 13 Prozent Strache als Kanzler, aber dafür zu 95 Prozent Uwe Scheuchs Rücktritt will, grenzt an Häresie.

Und wer will schon in Glaubensfragen ein Urteil fällen? Oder auch nur bei der Frage, wessen Facebook-Seite dichter mit Ruß bedeckt ist? (DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2011)