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Bis zur Abstimmung in Bundestag hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel noch einen weiten Weg vor sich. Sie muss noch viele skeptische Abgeordnete vom Rettungsschirm überzeugen.

Foto: Reuters/Bensch

Leicht werden die nächsten Wochen für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht. Am 23. September soll der Bundestag grünes Licht für die Ausweitung des Eurorettungsschirms geben - also jene Maßnahmen absegnen, die die EU-Staats- und Regierungschefs am 21. Juli beschlossen haben.

Doch ausgerechnet in ihrer eigenen schwarz-gelben Koalition herrscht große Skepsis. Dass Deutschland Garantien für 211 Milliarden Euro geben soll und dass sie dies den Wählerinnen und Wählern in den Wahlkreisen erklären sollen, verursacht bei vielen Parlamentariern Bauchschmerzen.

Wolfgang Bosbach (CDU), der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, hat sich an die Spitze der Rettungsfondskritiker gestellt und erinnert an die Versprechen, die Deutschland bei der Einführung des Euro gegeben habe. "Eine Zusage war, es geht nur um eine Währungsunion, es geht nicht um eine Haftungsunion, nicht um eine Schuldenunion", sagt er und wird daher der Kanzlerin bei der entscheidenden Abstimmung die Stimme verweigern.

Wie viele werden sich ihm anschließen? Das ist die Frage, die Merkel nun umtreibt. Am Dienstagabend eilte sie zu einer Sondersitzung der CDU/CSU-Fraktion in den Bundestag, um die Gemüter zu beruhigen. Erneut bekräftigte sie ihr Nein zu Eurobonds. Außerdem brachte sie ein Klagerecht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Verstößen gegen den europäischen Wachstums- und Stabilitätspakt ins Gespräch. Dann könnte das Gericht die entsprechenden Haushalte für nichtig erklären und einen neuen Etatentwurf verlangen. Dies wird von Teilen der CDU/CSU seit längerem gefordert.

Einen Vorschlag von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wiegelte Merkel hingegen gleich ab. Von der Leyen, die einen Leitantrag zur EU-Politik für den CDU-Parteitag im Herbst vorbereitet, hatte vorgeschlagen, von verschuldeten Euroländern Goldreserven als Sicherheit für Kredite zu verlangen.

Dass Merkel ihre schwarz-gelbe Mehrheit bekommt, ist somit längst noch nicht sicher, zumal auch ein Ansinnen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für Unruhe sorgt. In Berlin kursiert ein Geheimpapier, wonach er vom Bundestag eine Art Blankoscheck für künftige EU-Rettungspakete bekommen möchte. Die Abgeordneten müssten dann nicht jedes Mal abstimmen. Dies jedoch lehnt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) strikt ab. "Eine Generalermächtigung wird es ganz sicher nicht geben", sagt er im Handelsblatt.

Brandrede von Wulff

Überraschend deutlich schaltete sich am Mittwoch der deutsche Bundespräsident Christian Wulff in die Debatte ein. Vor Nobelpreisträgern in Lindau am Bodensee geißelte er die Eurorettungspolitik: "Ich halte den massiven Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die EZB (Europäische Zentralbank) für rechtlich bedenklich." Dies könne man höchstens übergangsweise tolerieren. Damit stellte sich Wulff auch gegen Merkel, die diesen Ankauf (wie andere EU-Staats- und Regierungschefs auch) gutgeheißen hatte.

Auch in der Slowakei wackelt die Zustimmung für die Ausweitung des Rettungsschirms. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Slowakei die existierenden Vereinbarungen als letztes Euroland ratifizieren wird", sagt Ministerpräsidentin Iveta Radièová. Es wäre unverantwortlich, derzeit ein konkretes Datum zu nennen.

Bis zur Abstimmung in Bundestag hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel noch einen weiten Weg vor sich. Sie muss noch viele skeptische Abgeordnete vom Rettungsschirm überzeugen. (Birgit Baumann, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 25.8.2011)