Graz - Die Zahl der Zwillings- und Mehrlingsschwangerschaften ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Für die kompliziertesten Fälle unter diesen risikobehafteten Schwangerschaften wurde an der Medizinischen Universität Graz ein Kompetenzzentrum eingerichtet. Hier werden nun auch schwerwiegende Durchblutungs- und Ernährungsstörungen der Ungeborenen durch einen minimalinvasiven Lasereingriff behandelbar, meldete die Med-Uni am Donnerstag.

Österreichweit gibt es jährlich rund 1.200 Zwillingsgeburten - mit steigender Tendenz, heißt es vonseiten der Med-Uni. Gründe dafür seien höheres mütterliches Alter sowie reproduktionsmedizinische Therapien wie die In-vitro-Fertilisation, bei der durchaus mehr als ein Embryo eingepflanzt werden, um die Erfolgsrate zu steigern. Ein Drittel der Zwillingsschwangerschaften sind eineiig. Davon wiederum müssen sich wiederum zwei Drittel (in etwa 280 Fälle pro Jahr österreichweit) eine Plazenta (Mutterkuchen) teilen. Speziell hier kann es - neben anderen Problemen - zum Auftreten des für die ungeborenen Zwillinge lebensbedrohlichen feto-fetalen Transfusionssyndroms (FFTS) kommen.

In diesen Fällen bilden sich in der Plazenta Verbindungen zwischen den Blutgefäßen, wodurch die Kreisläufe der Ungeborenen miteinander verbunden werden. In wiederum zehn Prozent dieser Fälle kommt es zu einem Ungleichgewicht im Blutaustausch. Das hat eine Kreislaufüberlastung des einen und eine Unterversorgung des anderen Zwillings zur Folge. "Eine eindeutige Identifizierung eines monochorialen Mutterkuchens ist mittels Ultraschall am besten im ersten Schwangerschaftsdrittel möglich und unbedingt notwendig, um eine entsprechende engmaschige Betreuung zu gewährleisten", betont Philipp Klaritsch vom Kompetenzzentrum an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

Laser statt Punktion

Bisher hat man im Falle eines FFTS lediglich überschüssiges Fruchtwasser mittels Punktion abgelassen - damit aber nur eine Folgewirkung behandelt. In Graz nimmt man hingegen eine Unterbindung der verbindenden Gefäße mittels Laser vor und kann damit gute Erfolge erzielen: Ein Gesamtüberleben von 70 bis 80 Prozent Prozent und eine normale neurologische Entwicklung in 85 Prozent der Fälle. In Graz wurden im vergangenen Jahr zehn Fälle behandelt.

"Der Eingriff ist minimal-invasiv, kann also mit direktem Blick auf den Mutterkuchen über eine sehr kleine Kamera unter regionaler Anästhesie durchgeführt werden und ist mit einem stationären Aufenthalt von 24 bis 48 Stunden verbunden", erklärte Klaritsch. Möglich wurde die neue Methode mit der Weiterentwicklung endoskopischer Instrumente, die nur mehr zwei Millimeter Durchmesser aufweisen. Überwacht wird der Eingriff zusätzlich per Ultraschall. Als Komplikationen können ein vorzeitiger Blasensprung und der Fruchttod eines Kindes auftreten. Mit dem Experten-Team um Klaritsch zählt das Grazer Uniklinikum zu den wenigen Zentren in Europa, das diese Methode anbietet, hieß es. (APA)