Kein Ausweg aus den Zwangsanstalten: Oliver Vollmann macht den "Herz.Kasperl".

Foto: Mario Lang

Wien - Es kann einem passieren, dass man laut auflacht, auch wenn das nicht zum Eigenimage passt. Und dass man sich dafür nicht genieren muss. Oder einem das Lachen auch ein bisschen mittendrin vergeht - weil das, was man sieht und hört, man sehr wohl selbst sein könnte.

Willkommen beim Herz. Kasperl, der mehr als ein Kabarettabend ist.

Der Kasperl (Sie, ich oder eben Oliver Vollmann) tritt eine vollabendliche Bilanzreise durch die Neurosen-Zwangsanstalten unserer Gesellschaft an: Aufwachen im himmelblauen Gitterbett. Schule. Pubertät. Beziehungen. Beruf und Karriere. Nichts lässt Oliver Vollmann aus - doch dann, wenn die Neurosen sich immer schneller drehen, erlöst er uns mit einem Lied.

Oliver Vollmann vermag unnachahmlich den Druck zu vermitteln, unter dem wir ständig stehen: Erwartungsdruck, Erziehungsdruck, Karrieredruck. Nur sind wir als Druckkochtopf eben nicht gedacht - es fehlt das Ventil. Doch die "Zwangsanstalten" sorgen dafür, dass es so bleiben muss ... Bis, ja, bis zum Herzkasperl?

Oliver Vollmann erzählt und singt vom Leben, singt vom Hassen und vom Lieben. Er erzählt und singt von der Liebe zum Klavier - denn Klaviere sind für ihn Lebewesen. Das alles tut Vollmann mit dem reichen Instrumentarium, das er bei seiner langjährigen Mitarbeit beim Guglhupf gesammelt hat. Und vergisst dabei nicht auf seine Rolle als "Brandmelder", als Gerhard Bronners Studio Feuer gefangen hatte.

Er begibt sich aber auch als Ausländer nach Polen. Was immer er tut: Dieser Kasperl tut's mit Herz. Mit einem brennenden, mit Hingabe an die Anliegen und die Musik. Mit großer Bandbreite, zwischen Aggressivität, Aufbegehren, Angst und Zärtlichkeit. Als Kasperl, Schauspieler, Autor, Musiker (er arbeitet an freien Bühnen, für den ORF-Hörfunk und lebt in Klagenfurt).

Er wollte nie mehr Kabarett machen - macht er auch nicht. Es ist ein Herz-Monolog - einer von der Sorte, die man nicht versäumen sollte. (Isabella Pichler, DER STANDARD - Printausgabe, 27. August 2011)