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Dirigent Franz Welser-Möst sucht den Wiener Klang.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Salzburg - Der Lieferwagen von Fabbrini parkt hinter dem "Neutor" und kündigt den Auftritt Maurizio Pollinis schon Tage vorher an. Der Steinway steht denn auch auf der Bühne im Großen Festspielhaus wie ein Altar in Erwartung des "Hohepriesters". Dieser trottet - freundlich lächelnd wie immer - herein und entwickelt bei Beethoven mit viel Pedal zunächst einmal Klangwolken.

Die zweisätzige Klaviersonate F-Dur op. 54 und die Waldstein-Sonate D-Dur op. 53 hat Pollini mit ineinanderfließenden Tönen eher beiläufig hingefegt. Aufhorchen ließ erst der stringente Übergang vom gesanglichen Rondo in das markante Prestissimo am Ende der Waldstein-Sonate. Danach spielte er die Klaviersonate Fis-Dur op. 78 und die Appassionata f-Moll op. 57 - und ließ plötzlich hören, wie der Fabbrini-Steinway klingt, wenn der Pianist auch mal vom Pedal steigt: romantisch überschattet, verhalten und ein wenig in sich gekehrt. Fast rezitativisch, getragen von sich aufbauenden und wieder in sich zusammensinkenden Spannungsbögen, gestaltete Pollini etwa die absteigenden Motivketten im Andante, um dann mit griffiger Attacke durch den virtuosen dritten Satz zu jagen.

Der samtige Klang

Von diesem Interpretationsansatz aus war es fast ein direkter Weg hin zu Schubert und dem Konzert der Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst. Wenn man Schuberts Streichquartett d-Moll D 810 Der Tod und das Mädchen schon in der Orchesterfassung (immerhin von Mahler) spielen muss, dann nur so! Welser-Möst setzte auf den samtigen "Wiener" Streicherklang, verzichtete auf Tempoexperimente und blieb auch in den expressiven Passagen - scheinbar - auf der sanften und sicheren Seite. Durch den unvergleichlichen Streichersound öffnete sich der Klang in symphonische Weite.

Danach? Große Geste, große Emotion, große Orchesterbesetzung, die Sopranistin Christine Schäfer und der Bariton Michael Volle als Solisten für Alexander Zemlinskys Lyrische Symphonie op. 18. Mit diesem Werk auf Grundlage von Texten des Literaturnobelpreisträgers von 1913, des bengalischen Dichters Rabindranath Tagore, wollte Zemlinsky Mahlers Lied von der Erde und damit die "Lied-Symphonie" weiterentwickeln. Puccini, Mahler, nicht wenig Alban Berg sind zu hören, große Kantilene und klangmalerische Effekte vor allem vonseiten der Bläser: All das wurde von Welser-Möst und den Ausführenden ebenso präzise nachgezeichnet wie lustvoll ausgekostet. (Heidemarie Klabacher, DER STANDARD - Printausgabe, 26. August 2011)