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Eine demütige Verbeugung vor dem Abschied: Naoto Kan wird kommende Woche als japanischer Premier Geschichte sein.

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Naoto Kan wurde für seinen Umgang mit der Fukushima-Katastrophe stark kritisiert.

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Nun ist es endlich offiziell: Japans unpopulärer Premier Naoto Kan hat am Freitag als fünfter Ministerpräsident in fünf Jahren seinen Rücktritt erklärt. Bereits am Montag will seine Demokratische Partei in internen Vorsitzwahlen seinen Nachfolger küren. In der Favoritenrolle sind drei politische Schwergewichte der Partei: Banri Kaieda, der für Atomenergie zuständige Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Finanzminister Yoshihiko Noda, Außenminister Seiji Maehara sowie der alte Landwirtschaftsminister Michihiko Kano. Sie stehen für unterschiedliche politische Akzente.

Kaieda ist Mitglied der Gruppe von Ex-Premier Yukio Hatoyama, einem Hauptvertreter des sozialreformerischen Flügels der Demokraten. Er will Japans Atomenergie vorerst weiter führen und tritt gegen schnelle Steueranhebungen zur Sanierung des mit 200 Prozent der Wirtschaftskraft verschuldeten Staatshaushalts ein.

Finanzminister Noda und Maehara gehören hingegen zu den konservativen Wirtschaftsreformern der Partei. Beide befürworten nach der Atomkatastrophe einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft und wollen die Wirtschaft deregulieren.

Fiskalpolitisch ist Noda allerdings eigentlich für schrittweise Steueranhebungen - auch wenn er seine Forderungen aus wahltaktischen Gründen abgeschwächt hat. Maehara will Steuern erst anheben, wenn die Wirtschaft stabil wächst. Stattdessen drängt er die Notenbank darauf, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Kano, mit 69 Jahren der Senior im Feld, gilt als Kompromisskandidat.

Wer von den Kandidaten das Rennen machen wird, ist dabei noch völlig unklar. Denn die Partei ist tief gespalten in Befürworter und Gegner des ehemaligen Parteichefs Ichiro Ozawa, gegen den derzeit eine Anklage wegen illegaler Parteispenden läuft. Dessen Fans verehren ihn als Architekten des historischen Wahlsiegs der Demokraten von 2009. Seine Feinde, darunter Premier Kan, haben Anfang des Jahres die Suspendierung von Parteimitgliedschaft durchgesetzt. Denn der Skandalpolitiker ist für sie eine der Hauptursachen für den Popularitätsverlust der Demokraten. De facto könnte Ozawa allerdings wieder der Königsmacher werden. Denn er beeinflusst nicht nur direkt 140 der 398 Abgeordneten, die am Montag Stimmrecht haben. Darüber hinaus arbeitet er mit Sozialreformer Hatoyama zusammen.

Kaieda und andere Ozawa-freundliche Kandidaten können daher auf seine Unterstützung hoffen. Hingegen müssen Noda und vor allem Maehara, der einer der härtesten Kritiker Ozawas ist, gegen Ozawa gewinnen.

Die Regierung verfügt zwar fast über eine Zweidrittelmehrheit im politisch bestimmenden Unterhaus. Im Oberhaus, das den meisten Gesetzen zustimmen muss, hat die Opposition unter Führung der Liberaldemokraten die Mehrheit und kann so die Regierung blockieren. (Martin Kölling aus Tokio /DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2011)