Alpbach - Dass es Österreichs Schülern im Bereich der Mathematik und der naturwissenschaftlichen Fächer nicht nur an Interesse, sondern auch an Fertigkeiten fehlt, zeigten bereits mehrere internationale Bildungsvergleichsstudien. Konrad Krainer, Professor und Vorstand am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung an der Uni Klagenfurt, leitet das vom Unterrichtsministerium ausgerufene Projekt IMST ("Innovationen Machen Schulen Top"), das den Unterricht u.a. in Mathematik und Naturwissenschaften verbessern soll. Er fordert eine höhere Akzeptanz naturwissenschaftlicher Themen vonseiten der Gesellschaft - und plädiert im Gegenzug für bessere Lernmodelle.

"Da ist lange zu wenig Wert auf Dinge wie selbstständiges Lernen, Begründen und Argumentieren gelegt worden", erläutert Krainer. Österreichische Schüler seien beim Abarbeiten einfacher Routineaufgaben zwar relativ gut - "aber wenn es darum geht, etwas komplexere Aufgaben und Probleme zu lösen, Zusammenhänge darzustellen und zu argumentieren, fallen sie zurück."

Näher am Leben ...

Im Unterricht selbst könne man dem entgegenwirken, indem man die Schüler stärker einbindet. In einzelnen Schulen im steirischen Bezirk Weiz habe man große Fortschritte durch eigens im Unterricht verankerte "Forscher-Stunden" feststellen können, bei denen Kinder dazu ermutigt wurden, selbst Mathematik-Aufgaben zu entwickeln. Dadurch sei "ein Engagement bei den Kindern entstanden, und ein Gefühl, dass sie mehr mitbestimmen und verstehen können, warum es eigentlich geht", so Krainer im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche.

Eine größere Herausforderung stellen hingegen etwa Chemie oder Physik dar, "die oft als sehr trocken, unnahbar und abstrakt erlebt werden, weil der direkte Bezug zur Lebenswelt der Kinder fehlt", so Krainer. Ein guter Ansatz sei es, den Unterricht altersabhängig entlang von Fragestellungen zu gestalten, die den Schülern näher sind - beispielsweise anhand der chemischen Reaktion von Waschpulver.

... und früher im Leben

In einem Kärntner Kindergarten habe ein kleines Forschungslabor spielerisch das Interesse der Kinder geweckt. "Die gesamte Literatur weltweit sagt, dass man nicht früh genug ansetzen kann, weil dem Entdecken, Nachfragen und Staunen in den Kinderjahren der Grundstein gelegt wird", so Krainer. "Auf den Fragen eines Vierjährigen, warum der Himmel blau oder der Frosch grün ist, kann man aufbauen." Ein 14-Jähriger sei bereits abgestumpft "und hat null Bock auf Naturwissenschaften, weil Chancen verpasst worden sind".

Um diese Chancen zu gewährleisten, brauche es Reformen. Das Fachliche komme in der Lehrerausbildung zu kurz, besonders in der Volks- und Hauptschulausbildung. Vor allem im Bereich der Fachdidaktik habe Österreich Nachholbedarf. "Im Grundschulbereich gibt es keine einzige derartige Professur für Mathematik, geschweige denn für Naturwissenschaften", so Krainer. In anderen Ländern sei dies selbstverständlich, dort sei in Folge auch die Ausbildung qualitätsvoller. Im Rahmen von IMST habe sich das gebessert, u.a. soll im Herbst die erste Didaktik-Grundschulprofessur für Mathematik an der Uni Klagenfurt gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Kärnten starten.

Image gehört aufpoliert

Nicht nur die Ausbildung gehört professionalisiert, auch in der Gesellschaft muss umgedacht werden, sagt Krainer. Der Status von Naturwissenschaften und Mathematik sei hierzulande weniger hoch als beispielsweise in asiatischen Ländern. Abhängig sei dies auch davon, "wie der Bereich in der Öffentlichkeit dargestellt und der Beruf eines Naturwissenschafters präsentiert wird", stellt Krainer fest. "Bei uns gehört es schon fast zum guten Ton, zu sagen: 'Ich war eine Niete in Mathe, aber aus mir ist trotzdem was geworden.'" (APA/red)