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Unis und FHs auf Augenhöhe, damit "die Unis wieder mehr Grundlagenforschung betreiben können".

Foto: Eckehard Schulz/dapd

Die Finanzierung der Studienplätze hätten die Fachhochschulen den Universitäten bereits voraus, erklärt Erhard Busek, Präsident des Europäischen Forums Alpbach, bei der Eröffnung des Fachhochschulforums am Mittwoch. Und auch sonst sei die Entwicklung der FHs durchaus als Erfolg in der österreichischen Bildungsgeschichte zu werten. Busek verweist auf den am Dienstag präsentierten Expertenbericht zum Hochschulplan: Demnach sei ein Verhältnis Studierender an FHs zu Universitäten im Verhältnis 40 (derzeit elf Prozent) zu 60 anzustreben. "Damit könnten die Fachhochschulen auch einiges an Druck von den Universitäten wegnehmen."

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle wünscht sich am FH-Forum - das unter dem Thema "Gerechtigkeit" stand - mehr Forschungsqualität an den Universitäten. Die FHs sieht er weniger als Forschungsstätten denn als Orte für berufliche Spezialausbildung. Und: "Es braucht eine bessere Verteilung", sagt Töchterle: So gebe es immer noch viele Studien, wo es Absolventen brauche. Im Gegensatz zu den Massenfächern.

Eine bessere Verteilung wünscht sich auch die Unternehmerin Iris Ortner-Winischhofer. Die Absolventin der ETH Zürich und Geschäftsführerin der Ortner-Gruppe fordert Studierende auf, sich ihr Studium nicht nur nach Interessen, sondern auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszusuchen. In einigen Jahren drohe etwa ein Mangel an Experten in technischen Berufen. Und: Wohlstand könne nur aufrechterhalten bleiben, wenn Technik und Innovation auf dem neuesten Stand blieben.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Philosophie, Julian Nida-Rümelin, prognostiziert eine "Entkoppelung von Ausbildung und Beruf" . In Österreich seien die Strukturen noch etwas starr, aber in Großbritannien gebe es bereits Banker, die einen geisteswissenschaftlichen Studienabschluss hätten.

Persönlichkeitsbildung sei in den Unternehmen wieder gefragt: "Gefragt sind Leute, die selber denken und nicht nur Stoff auswendig gelernt haben." Nida-Rümelin spricht sich auch für die Bedeutung der Geisteswissenschaften aus: Gerade in Österreich gebe es einen großen Kulturbereich, etwa Museen, als Arbeitsgebiet.

Wie im Expertenbericht zum Hochschulplan angedacht, könnten aber, so Nida-Rümelin, "ganze Fächer von den Unis an die FHs übergeben werden": "Die Universitäten könnten dann wieder das tun, was sie eigentlich sollten, nämlich Forschung betreiben, und müssten diese nicht an die Max-Planck-Institute abgeben."

Eberhard Menzel, Präsident der Hochschule Ruhr West, empfiehlt in Alpbach, was er zuvor bereits zusammen mit Andrea Schenker-Wicki von der Uni Zürich und Antonio Loprieno, dem Präsidenten der Schweizer Rektorenkonferenz, in Wien als "Bericht zur Entwicklung und Dynamisierung der österreichischen Hochschullandschaft" empfohlen hat: den Ausbau des Fächerspektrums an den FHs und die verstärkte Kooperation zwischen FH und Universitäten bei Doktoratsstudien. Für Helmut Holzinger, Präsident der FH-Konferenz, "ist der frisch präsentierte Bericht nicht der erste, der den Ausbau des Fachhochschulangebotes fordert. Es brauche jetzt keine Expertenberichte mehr, es brauche die "Zeit des Handelns" .

Arbeitslose Akademiker

Nach dem "2011er-Jahr der Bildung" müsste das "Jahrzehnt der Bildungsfinanzierung" folgen. Derzeit werde im FH-Sektor der Status quo erhalten, eine quantitative Entwicklung sei aber im FH-Plan bis 2013 überhaupt nicht vorhanden.

Und auch Peter Skalicky, Rektor der Technischen Universität Wien, lobt den neuen Expertenbericht und wünscht sich einen Ausbau der FHs, damit "die Unis wieder mehr Grundlagenforschung betreiben können" . "Um auf die Uhr zu schauen, muss ich nicht wissen, wie meine solarbetriebene Funkuhr funktioniert. Aber interessieren sollte es mich schon." Skalicky findet in Österreich zu wenig Neugierde an technischen Details. Was wohl auch die geringen Studierendenzahlen im Bereich Technik erkläre. Dem Philosophen Nida-Rümelin stimmt er zu: Das Berufsbild des Physikers an sich gebe es nicht mehr. Aber: "Es ist lebenswichtig zu wissen, wie Atomwaffen funktionieren." Studium für alle, "eine Bringschuld des Systems" sieht er aber nicht. Studieren müsse eine Holschuld bleiben. Und Skalicky ortet einen Paradigmenwechsel: Denn: "Ein Uni-Diplom um den Hals schützt nicht mehr vor Arbeitslosigkeit." (Verena Langegger, DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2011)