Visualisierte Nachlese der Causa de Vries aus rechtlichen Gründen: Die von Christie's ehemals zur Verfügung gestellten Abbildungen der Bronze dürfen nicht mehr veröffentlicht werden.

Foto: DER STANDARD

Die von Christie's der Mitarbeiterin des österreichischen Bundesdenkmalamts (BDA) mitgeteilten Angaben seien stets dürftig geblieben. Trotz mehrfacher Nachfrage zur Provenienz der 109 cm hohen Bronzestatue des manieristischen Bildhauers Adriaen de Vries. Sie stamme aus dem Privathaushalt einer deutschen Familie, seit mehr als 100 Jahren. Punkt. Ob ein Zusammenhang mit einer denkmalgeschützten Sammlung bzw. einem Ensemble bestünde? Nein, davon wisse der Eigentümer nichts. Falsch, wie Standard- Recherchen Anfang Juli ergaben. Auch, weil Familie Arco-Zinneberg über Jahre entsprechende Fördermittel bezog.

Spätestens als das BDA auf Detailangaben insistierte, hätte die für die Abwicklung solcher Ausfuhrverfahren zuständige Wiener Christie's-Niederlassung rückblickend wohl etwas gewissenhafter agieren müssen. Schon weil nationale Bestimmungen in deren Verantwortungsbereich fallen, nicht in jenen der Londoner Experten.

Dass Schlösser in Österreich unter Denkmalschutz stehen, muss in der Branche als bekannt vorausgesetzt werden. Andernfalls hätte sogar Wikipedia diese Information geliefert. Zwei Feuersbrünste und 300 Jahre Witterung hatten der De-Vries-Skulptur im Hof von Schloss St. Martin im Innkreis nichts anhaben können. Nach ihrer Entdeckung im Zuge einer Routine-Schätzung im Sommer vergangenen Jahres sollte die mythologische Figur, eine Restaurierung und eine kunsthistorische Aufarbeitung später, am 7. Juli bei Christie's in London versteigert werden. Und den Eigentümern ein Vermögen bescheren: Zumindest sechs (offiziell), oder auch 30 (inoffiziell) Millionen Euro.

Genauere Prüfungsverfahren

Auf Basis der Fakten verschleiernden Informationspolitik hatte das BDA die Ausfuhr im April genehmigt. Alles nur ein Missverständnis oder doch eine vorsätzliche Irreführung? Die Welt wird es wohl nie erfahren. Das BDA war erzürnt, Christie's um Schadensbegrenzung bemüht - vergeblich. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Hintergründe im Standard am 5. Juli hob das BDA die Bewilligung noch am gleichen Tag auf. Während die Juristen beider Institutionen noch verhandelten, ordnete Ministerin Schmied die sofortige Rückkehr der Bronze nach Österreich an. Hier harrt sie nun in sicherem Gewahrsam der Dinge und beschäftigt das parallel eingeleitete Wiederaufnahmeverfahren die Behörden.

Nein, eine Ausfuhr sei jetzt nicht das Thema, sondern die Prüfung um den Zusammenhang mit dem Denkmal, wie BDA-Präsidentin Barbara Neubauer dem Standard bestätigt. Seit wann und bis zu welchem Zeitpunkt stand die Bronze als zentraler Blickfang im Schlosshof, gilt sie als integraler Bestandteil des Ensembles, einige der Fragen, die es jetzt zu klären gilt. Dazu gehört natürlich auch eine kunsthistorische Einschätzung, die über den künftigen Aufenthaltsort des de Vries entscheidet. Im Zuge des ursprünglichen Ausfuhrverfahrens war das KHM zu dem Schluss gekommen, dass für einen Verbleib in Österreich keine Notwendigkeit bestünde. "Ein krasses Fehlurteil", ist Johann Kräftner überzeugt, die Bronze sei ein Repräsentant der habsburgischen Hochkultur und in ihrer kunsthistorischen Bedeutung sensationell. Ja, er wäre im Namen des Fürsten Liechtenstein einer der Bieter gewesen. Und, er könne auch damit leben, dass das Prachtstück keine Reisegenehmigung erhält. Man wird sehen.

Der nächste Schritt: Ende September, Anfang Oktober ist laut Neubauer ein Lokalaugenschein in St. Martin geplant. Was man aus dieser Causa gelernt hat? Schwierig, generelles Misstrauen bringe auch nichts. "Wir müssen eben noch hartnäckiger sein", sinniert die BDA-Präsidentin. Ungeachtet des Zeitdrucks, etwa bevorstehender Auktionen, "benötigen wir dann eben mehr Zeit für solche Verfahren." Und, Antragstellern empfiehlt man, mit Informationen etwas freigiebiger zu sein. Das sei ja immer noch besser, als später dann Probleme zu haben. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 27./28. August 2011)