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Die Rebellen bedanken sich bei Sarkozy.

Foto: Reuters

US-Präsident Barack Obama, der britische Premier David Cameron und andere haben den Umschwung in Libyen wortreich begrüßt. Nicht so Nicolas Sarkozy, der Hauptverantwortliche für die Nato-Mission, die den libyschen Rebellen den Vormarsch auf Tripolis überhaupt erst ermöglichte.

Frankreichs Präsident hat - für ihn untypisch - bisher auf jeden TV-Auftritt zu Libyen verzichtet. Nur gegenüber ein paar Journalisten entschlüpfte ihm der Kommentar: "Man muss es einfach sagen: Die USA hielten sich stark zurück - es war Frankreich, das alles machte. Gewiss geschah es mithilfe Großbritanniens, aber es war vor allem Frankreich."

Die Franzosen hören das nur zu gerne; sogar die Linksopposition applaudiert dem Präsidenten. "Sarkozy hat in Libyen getan, was Mitterrand in Bosnien nicht getan hatte" , lobte ihn Starphilosoph Bernard-Henri Lévy. Bei so viel Lorbeer feixt das Satireblatt Canard Enchaîné: "Im antiken Rom hätte Sarko Imperator Anspruch auf einen Triumphzug mit Volksfest, Trophäen und der sterblichen Hülle des Tyrannen."

Sarko auf der Hut

Doch gerade der fehlt noch. Und solange Muammar Gaddafi nicht gefasst ist, bleibt Sarkozy auf der Hut. Schon einmal hat ihn der Libyer schlecht aussehen lassen - sehr schlecht. Das war 2007, als der Gast sein Wüstenzelt nahe den Champs-Élysées aufschlug und Sarkozy nicht nur die Schau stahl, sondern ihn auch gründlich reinlegte. Atomkraftwerke, Rafale-Kampfjets und andere Technologie versprach er in Milliardenhöhe zu kaufen, Sarkozy erklärte, das schaffe "30.000 Arbeitsplätze in fünf Jahren" . Nichts davon geschah - außer dass sich Sarkozy öffentlich lächerlich machte.

Seither bezeichnet er den Diktator als "verrückt". Nach Gaddafis Massakerdrohung erinnerte er an das Blutbad von Srebrenica, bei dem 1995 wohl 8000 Bosniaken umkamen: "Die Millionenstadt Bengasi wäre heute von der Landkarte getilgt." Dann schickte er als Erster französische Rafale-Staffeln los, um die Stellungen der libyschen Armee anzugreifen.

Hund und Jäger

Gaddafi konterte, indem er den französischen Präsidenten in seinen Kriegstiraden als "Hund" beschimpfte. Sarkozy brütete derweil über den Libyen-Karten des französischen Generalstabs; laut Le Monde kannte er zum Schluss alle Hügelzüge im Nordwesten des Landes sowie die Namen der Vororte von Tripolis.

Sarkozy pokerte hoch, nicht nur gegenüber seinen Kritikern in Paris, die ihn "Super-Rambo" schalten, sondern auch gegenüber dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle, der vor einem Libyen-Einsatz warnte. Jetzt wartet der Präsident den Sieg ab - mit Gaddafi als Trophäe.

Fürs Erste versucht Sarkozy, die Fäden in der Hand zu halten: Am Mittwoch traf er in Paris Rebellenführer Mahmud Jibril, nun soll die Libyen-Kontaktgruppe dort zusammentreffen. Am 1. September lädt er zu einer großen Libyen-Geberkonferenz ein. Er will den militärischen Erfolg auch diplomatisch ausnützen, um sein angekratztes Image in der arabischen Welt aufzubessern: Die Revolutionen in Tunesien und Ägypten hatte er ziemlich verschlafen.

Vor allem denkt der französische Präsident an seine Wiederwahl im Mai 2012. Mit dem Libyen-Coup hat er die Gunst der Franzosen wieder teilweise gewonnen. Damit hofft er, das Blatt wahltaktisch zu wenden, zumal die Sozialisten mit der Strauss-Kahn-Affäre beschäftigt bleiben. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2011)