Florian Birngruber ist bekennender Kommunist.

Foto: KPÖ

Aus zweierlei Gründen sollte der hier Porträtierte, Florian Birngruber, hier nicht porträtiert werden: Erstens sei man aus feministischen Gründen eigentlich darum bemüht, weibliche Mitglieder zu Interviews zu schicken - die haben jedoch alle keine Zeit. Zweitens ist er kein Mitglied einer Jugendorganisation, sondern der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), die keine offizielle Jugend mehr hat (die hat sich 2005 abgespalten).

Dennoch: Florian Birngruber ist 26 Jahre alt, groß, schlaksig, leicht mürrisch, ein Kommunist, studiert im 14. Semester Volkswirtschaft an der Uni Wien, raucht und trägt Converse. Viel Persönliches über sich preisgeben will er nicht. Nur so viel: Er geht ganz gerne ins Fußballstadion und schaut Unterhauspartien. Direkt als Fan wolle er sich aber nicht bezeichnen lassen.

Mit Begeisterung hingegen spielt er politisch in der zweiten Liga. "Aus karrieristischen Gründen geht man nicht zur KPÖ, schließlich gibt es keine Berufsaussichten", sagt er. Um bundesweit Fuß zu fassen, müssten sie die Stimmen vervierfachen, was er für nicht besonders realistisch hält. Die KPÖ sei historisch eine Kleinpartei in Österreich. Ob die erfolgreiche deutsche Linke ein Vorbild sei? "Ich sehe dort, wie wichtig eine starke linke Opposition ist." Er möchte sich dennoch nicht an der deutschen Schwesterpartei orientieren. Es scheint, als fühle sich die KPÖ wohl in ihrer Rolle als leiser Rebell im Hintergrund. "In Spitzenfunktionen ist es ohnehin schwer, den Idealismus aufrechtzuerhalten", sagt er.

Florian Birngruber selbst ist "spätberufener Kommunist": Erst zu Beginn des Studiums hat er begonnen, sich mit der Partei auseinanderzusetzen. Der Grund dafür war das Erstarken des Rechtsextremismus in Österreich, das ihn empört habe - die genau gegenteilige Position einzunehmen seine Konsequenz. "Trotzdem musste ich mich erst davon überzeugen, dass sich die KPÖ unmissverständlich vom Stalinismus distanziert." Nach einer einjährigen Obduktionsphase habe er herausgefunden: "Die Vergangenheit wurde aufgearbeitet." Mit 22 Jahren wurde er Parteimitglied. Das Kapital hat er im Bücherregal stehen, die Frage danach nervt ihn aber als Klischee. Er schätze das Werk, weil es zeige, dass die Geschichte des Kommunismus ein "Humanismus der Tat" ist. Er sieht sich als Teil einer Bewegung, die Verhältnisse bekämpft, in denen Menschen unwürdig leben.

Einige seiner Genossen waren Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus - ein Teil der Parteigeschichte, auf den er stolz ist. Noch heute könnten dieselben Ideale gelten, die "kompliziert" und exakt formuliert seien. Birngruber erzählt langsam und bedacht, um in der Kürze nichts falsch darzustellen. Er spricht von der längst überfälligen Überwindung des Kapitalismus, von Feminismus und Umverteilung. Die "vielleicht radikalste Forderung" sei die nach einer Vergesellschaftung der Banken.

Birngruber versprüht nicht den jugendlichen Elan, den träumerischen Idealismus, den man von einem jungen Mann erwarten könnte. Er tritt für eine Grundsicherung und einen gesetzlichen Mindestlohn ein - er selbst engagiert sich in der Partei aber ohne materielle Entlohnung. (Katharina Mittelstaedt, STANDARD-Printausgabe, 27./28.8.2011)