Veronika Prüller-Jagenteufel, Pastoralamtsleiterin in Wien.

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Die See war rau, als Veronika Prüller-Jagenteufel vor knapp acht Monaten auf dem Kommandoschiff der Wiener Kirchenflotte anheuerte. Tief steckte man angesichts der Vielzahl an bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in der Krise. Die 46-jährige Theologin nahm trotzdem auf Bitte von Kardinal Christoph Schönborn auf der "Kapitänsbrücke" Platz und wurde mit Jahresbeginn neue Pastoralamtsleiterin der Erzdiözese Wien.

Ungewöhnlich war die Bestellung von Prüller-Jagenteufel aus zweierlei Gründen: Es gibt nur wenige Beispiele dafür, dass Laien das Seelsorgeamt einer Diözese leiten. Noch seltener steht eine Frau an der Spitze.

Wie ist es, als Frau in einem Männerverein tätig zu sein? Prüller-Jagenteufel: "Ich bin ja nicht allein unter Männern. Viele der Gremien sind mit Männern und Frauen besetzt. Nur im Bischofsrat bin ich die einzige Frau. Aber: Frauen tun der Kirche gut."

Auch in einem Kommentar in der Mitarbeiterzeitung der Erzdiözese Wien hatte sich Prüller-Jagenteufel jüngst differenziert mit der Pfarrer-Initiative auseinandergesetzt und vor allem mit dem Wunsch nach einem Wink des Heiligen Geistes im Bezug auf eine Änderung der Zulassungsbestimmungen aufhorchen lassen: "Auf Gott ist aber auch dort zu hören, wo es unbequem ist." Die Pastoraltheologin sieht sich dennoch in tiefer Loyalität zu ihrer Kirche. "Mit der Pfarrer-Initiative teile ich die Sorge um die Zukunft der Kirche; Lösungen müssen wir aber alle gemeinsam suchen."

Die Bilanz nach knapp einem Jahr als Leiterin des Pastoralamts fällt durchwegs positiv aus: "Wir erleben derzeit einen Epochenwandel von Kirche und Glauben. Das ist nicht immer einfach, aber durchaus spannend. Aber sicher frag ich mich manchmal: 'Oh Gott, wie soll das weitergehen?'" Sie wünsche sich eine "Gründerzeit" in der Kirche: "Eine mutige Auf- und Umbauphase - auf der Höhe der Zeit, durch viele, die mitanpacken."

Die kirchliche Prägung erfolgte bereits im Elternhaus: Der Vater leitete das Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten, die Mutter war Redakteurin der Kirchenzeitung. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr studierte die begeisterte Wanderin ("Ich spür gern den Boden unter den Füßen") Theologie. Danach war sie Assistentin am Institut für Pastoraltheologie und von 1999 bis 2010 Chefredakteurin der Zeitschrift Diakonia. Verheiratet ist die gebürtige St. Pöltnerin mit dem Wiener Moraltheologen Gunter Prüller-Jagenteufel. (Markus Rohrhofer, STANDARD-Printausgabe, 27./28.8.2011)