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IWF-Chefin Christine Lagarde: "Wir laufen Gefahr, dass die fragile Erholung zum Erliegen kommt. Deshalb müssen wir jetzt agieren."

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Jackson Hole - Angesichts der zunehmenden Risiken für die Weltwirtschaft hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Staats- und Regierungschefs zum sofortigen Handeln aufgefordert. "Die Entwicklungen in diesem Sommer haben gezeigt, dass wir uns in einer gefährlichen neuen Phase befinden", sagte die neue IWF-Chefin Christine Lagarde am Samstag in Jackson Hole. "Wir laufen Gefahr, dass die fragile Erholung zum Erliegen kommt. Deshalb müssen wir jetzt agieren."

Zwei Jahre nach dem Ende der schlimmen globalen Finanzkrise schwächelt das Wachstum in den USA und Europa. Die Schuldenkrisen auf beiden Seiten des Atlantiks haben das öffentliche Vertrauen in einen weltweiten Aufschwung erschüttert. Die hochentwickelten Volkswirtschaften müssten langfristige Pläne schmieden, um ihre Schulden unter Kontrolle zu bringen, ergänzte Lagarde. Zur gleichen Zeit sollten sie aber nicht zu schnell drastische Sparmaßnahmen ergreifen, da sie sonst die Erholung gefährdeten.

Zudem forderte sie eine Rekapitalisierung der europäischen Banken. Einzelne europäische Länder müssten darüber hinaus auch Pläne zur Reduzierung der Haushaltsdefizite mit einem "glaubwürdigen Finanzweg" umsetzen. Dies beinhalte eine anhaltende Unterstützung durch die Europäische Zentralbank (EZB).

EZB-Chef Jean-Claude Trichet betonte bei dem Treffen der Notenbanker, dass es notwendig sei, die Preisstabilität zu wahren, um ein Fundament für gesundes Wachstum zu legen. "Das ist etwas, was wir als absolut wichtig für das Vertrauen erachten", sagte Trichet.

Der stellvertretende Fonds-Chef John Lipsky hatte am Freitag dem TV-Sender CNBC gesagt, dass der Fonds trotz gestiegener Risiken für die Konjunktur nicht die Gefahr einer globalen Rezession sehe. Der IWF gehe mit Sicherheit nicht von einem derartigen Wirtschaftseinbruch aus. Mit Blick auf die immense Verschuldung in den USA und Europa betonte Lipsky, die gestiegenen Risiken reflektierten einen Mangel an Vertrauen in die Fähigkeit der Politik, der Probleme Herr zu werden.

US-Präsident Barack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel diskutierten nach Angaben des Präsidialamts am Samstag über die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die europäische Schuldenkrise. Beide hätten in dem Gespräch die Bedeutung eines gemeinsamen Handelns betont, um die gegenwärtigen wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, teilte das Weiße Haus mit. Obama und Merkel seien sich einig gewesen, dass das Wirtschaftswachstum angekurbelt und Arbeitsplätze weltweit geschaffen werden müssten.

Wegen der Wirtschaftsflaute steht die US-Notenbank Federal Reserve möglicherweise kurz vor weiteren massiven Konjunkturhilfen. Der Offenmarktausschuss (FOMC) werde darüber bei seinem nächsten Treffen am 20. September beraten, hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke am Freitag auf dem Zentralbankertreffen gesagt. Konkrete Maßnahmen kündigte Bernanke nicht an. Die FOMC-Sitzung wurde von einem auf zwei Tage verlängert, um mehr Zeit für eine intensive Prüfung der diversen Instrumente zu haben. Die Fed sei "bereit" zu handeln, um die Konjunktur zu stärken. Ihr stünden dafür zahlreiche Werkzeuge zur Verfügung, sagte Bernanke.

"Noch sieben schlechte Jahre"

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) befürchtet angesichts der EU-Schuldenkrise "noch sieben schlechte Jahre" für die Weltwirtschaft. Er sagte am Samstag vor Wirtschafts-Nobelpreisträgern im Schweizer St. Gallen weiters, die verschuldeten Staaten müssten ihre Haushalte konsolidieren, etwa durch Einsparungen im öffentlichen Bereich. Zur Bewältigung der Schuldenkrise plädierte Schäuble für eine engere wirtschaftspolitische Zusammenarbeit zwischen den Euro-Ländern. Er forderte eine neue Balance zwischen den Finanzmärkten und den Staaten. Die Finanzmärkte könnten sich nicht selbst kontrollieren, sondern bräuchten Grenzen und Regeln, um krisenresistenter zu werden. Dies sei nur mit einer starken Staatengemeinschaft möglich. (APA/Reuters)