Der Weisenbericht von Minister Töchterle vergisst vor lauter wirtschaftlicher Verwertbarkeit von Hochschulen auf die größte Gruppe der Hochschulangehörigen, nämlich die Studierenden.

Zahlreiche Studien zeigen, welche Auswirkungen die im Bericht geforderten Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren haben: Studierende brechen ihr Studium am häufigsten aus finanziellen Gründen ab, Kinder aus einkommensschwächeren Familien trauen sich nicht mehr zu, überhaupt ein Studium zu beginnen, weil das finanzielle Risiko bei einem Scheitern zu groß wäre.

Im Expertenbericht kommt diese Realität nicht vor. Studierende sollen zahlen. Studiengebühren werden gefordert, Beihilfen werden zurückverlangt. Dass das für viele, auch nach einem Abschluss, nicht möglich ist, wird ignoriert. Damit disqualifiziert sich der Bericht selbst als ÖVP-Auftragswerk. Anstatt sich ernsthaft mit der Thematik der Hochschulen auseinanderzusetzen, kommt der Bericht über das Zitieren von Studien des Wissenschaftsministeriums nicht hinaus. Die Studierendensozialerhebung wird nur an passender Stelle in den Bericht einbezogen, aber deren Ergebnisse werden ignoriert.

Somit scheint klar: Die ÖVP will Studierende von den Hochschulen drängen, ungeachtet der ohnehin viel zu niedrigen AkademikerInnenquote in Österreich. Dieses Vorgehen ist unverantwortlich der Zukunft von jungen Menschen und der zukünftigen Gesellschaft gegenüber.

Die "Weisen" haben die Rechnung ohne uns gemacht - denn ohne Studierende gibt es keine Hochschullandschaft und ohne diese keine Wissensgesellschaft, von der die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft so stark abhängt. Es wurde einfach auf eine der wichtigsten Expertisen - die der Studierenden - und somit auf deren Erfahrungen und Ideen verzichtet.

An einer Ausfinanzierung der Hochschulen und an sozialer Absicherung der Studierenden führt kein Weg vorbei, ebenso wenig wie am Einbezug der Studierenden in die Diskussion. Dies sollte Minister Töchterle mittlerweile klar sein. (Janine Wulz, DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2011)