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Sozialproteste in Tel Aviv.

Foto: EPA/OLIVER WEIKEN

Nach den tödlichen Terroranschlägen in Südisrael und dem Schlagabtausch mit radikalen Palästinensergruppen im Gazastreifen versuchten die Organisatoren der Sozialproteste erstmals wieder, die Aufmerksamkeit auf ihre Anliegen zurückzulenken. Zu Kundgebungen in mehreren Städten erschienen am Samstagabend insgesamt knapp 20.000 Menschen, weniger als ein Zehntel der Masse, die man noch Ende Juli mobilisiert hatte. Aus Respekt für die Anschlagsopfer und aus Solidarität mit den Mitbürgern, die durch die Raketensalven gefährdet waren, waren die Demonstrationen eingestellt worden.

Während die Medien darüber spekulierten, ob die ursprüngliche Begeisterung schon verpufft sei, versuchten die Protestführer, ihre Enttäuschung zu verbergen. Die Kundgebungen seien diesmal nicht größer geplant gewesen, hieß es, doch für kommendes Wochenende bereite man einen "Marsch der Million" vor. "Dieser Protest wird jedenfalls nicht aufhören", rief Itzik Schmuli, der Vorsitzende der Studentenunion, "und wir werden keine Ruhe geben, ehe wir hier echte Lösungen sehen."

Ein Grund für den Schwungverlust könnte auch in den wachsenden Rissen innerhalb der Bewegung liegen. So ist man sich uneins darüber, ob man mit einer von Premier Benjamin Netanjahu eingesetzten Reformkommission zusammenarbeiten soll, und in den Peripherie-Städten wird beanstandet, dass die Tel Aviver Zelt-Aktivisten in der Führung überrepräsentiert seien.

Netanjahu selbst verwies am Sonntag auf schon eingeleitete Reformen und betonte, dass er trotz der angespannten Sicherheitslage und der internationalen Wirtschaftskrise "unsere Verantwortung für eine soziale Korrektur in Israel" nicht vernachlässige.

Berichte, wonach Israel der Stationierung zusätzlicher ägyptischer Truppen im Sinai und damit einer Änderung des Friedensvertrags mit Ägypten zugestimmt habe, bestätigten sich nicht. Es gebe von Ägypten kein offizielles Ansuchen, hieß es, und Netanjahu teilte mit, der Vertrag würde bestimmt nicht ohne vorherige Kabinettsdebatte geändert werden. Nach den Anschlägen hatten die Ägypter zur Bekämpfung von bewaffneten Beduinen und Islamisten rund 1000 zusätzliche Soldaten in den Sinai geschickt.

Am Wochenende ist die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in der Region eingetroffen. Die EU unternehme "jede Anstrengung, um eine Wiederaufnahme von Verhandlungen zu ermöglichen", erklärte Ashton im Vorfeld, doch der Besuch fand kaum Beachtung. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, STANDARD-Printausgabe, 29.8.2011)