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EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker debattierten in Brüssel einmal mehr die Zukunft der Währungsunion, die Teilumschuldung von Griechenland und zukünftige mögliche Krisenszenarien für Länder wie Italien oder Spanien.

Trichet verteidigt Staatsanleihenkäufe der EZB

Trichet hat die vor drei Wochen wieder aufgenommenen Anleihekäufe der Notenbank verteidigt. Diese überschnitten sich in ihrer Wirkung nicht mit der eigentlichen Geldpolitik, sondern dienten dazu, die Übertragung der geldpolitischen Impulse auf Finanzsystem und Realwirtschaft sicherzustellen, bekräftigte er vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments. Die EZB kaufte vergangene Woche für knapp 6,7 Mrd. Euro Staatsanleihen von Euro-Ländern - weniger als am Finanzmarkt erwartet. Insgesamt summieren sich die Ankäufe auf etwa 115 Mrd. Euro.

Trichet trat vor den Abgeordneten zudem Spekulationen entgegen, das europäische Bankensystem könne in großem Stil Refinanzierungsprobleme bekommen. Den Finanzinstituten stünden in ausreichendem Maß notenbankfähige Sicherheiten zur Verfügung, sagte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Das Volumen der verfügbaren Wertpapiere, die die Banken bei der EZB für Zentralbankliquidität einreichen könnten, betrage zwischen 13 und 14 Bill. Euro. Die EZB gibt den Geldhäusern bei ihren Refinanzierungsoperationen derzeit immer so viel Liquidität wie diese bei ihr abrufen.

Rasche Einigung auf das Hilfspaket

Die Euroländer müssen sich nach Ansicht des EZB-Chefs rasch auf das neue Hilfspaket für Griechenland einigen: "Die vollständige und rechtzeitige Umsetzung der Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs vom 21. Juli ist in dieser Hinsicht das Wesentliche."

Die Gespräche für das Paket sind schwierig, da Finnland Extrasicherheiten für die Hilfskredite fordert. Auch gibt es immer noch Unsicherheit darüber, in welchem Umfang sich die Privatgläubiger beteiligen werden. Euroländer und Internationaler Währungsfonds wollen zusammen 109 Mrd. Euro beitragen, die Privatgläubiger noch einmal 50 Mrd. Euro.

Wirtschaftsnobelpreisträger für Zinssenkung

Derweil hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz die Europäische Zentralbank aufgefordert, ihren Leitzins zu senken, um eine wirtschaftliche Flaute zu verhindern. "Die EZB sollte ihre beiden Zinserhöhungen rückgängig machen", sagte der Ökonom dem "Handelsblatt" vom Montag. Die Notenbank für den Euro-Raum hatte ihren Leitzins in diesem Jahr in zwei Schritten vom historischen Tiefstand von 1,0 Prozent auf nun 1,5 Prozent angehoben. Angesichts eines starken Wachstums und einer vergleichsweise hohen Inflation erwarteten Beobachter zunächst eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr - das scheint mittlerweile aber ausgeschlossen.

"Der Kontinent befindet sich klar in einem wirtschaftlichen Abschwung", sagte Stiglitz. "Dafür sprechen auch die jüngsten Wirtschaftsdaten aus Deutschland." Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) war im zweiten Quartal dieses Jahres nur noch um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewachsen. Die Inflation, gegen die die EZB mit ihren Zinserhöhungen vorgehen wollte, sei derzeit nicht das drängendste Problem, sagte der Wirtschaftsnobelpreisträger. Er verwies zudem auf die USA, wo die Notenbank gerade erst zugesagt hatte, die Leitzinsen bis mindestens Mitte 2013 bei nahezu null zu belassen. (APA/red)